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Das weiße Haar glänzt, die blauen Augen blitzen. Jacqueline Waldren ist, was man als eine "feine, alte Dame" bezeichnet. Die amerikanische Anthropologin kam vor mehr als 50 Jahren nach Mallorca. Um Urlaub zu machen. Sie blieb der Liebe wegen.

Als Zwanzigjährige lernte sie den Maler William Waldren (1924 bis 2003) kennen, der damals schon in Deià lebte, nachdem er in Paris Kunst studiert hatte. Mit ihm bekam sie vier Töchter. Mit ihm gründete sie 1962 das Archäologische Museum von Deià, das bis heute besteht. Waldren wandte sich in den 1960er Jahren von der Kunst ab und widmete sich fortan der Archäologie, promovierte in den 1970er Jahren in Oxford, obwohl er niemals die Wissenschaft der Frühgeschichte studiert hatte.

Jacqueline Waldren ist der Beweis für den Spruch: Hinter jedem erfolgreichen Mann steckt eine starke Frau. Sie schaffte es, in dem damals noch wenig von Zivilisation beleckten Bergdorf, vier Töchter großzuziehen. Und eine eigene Karriere zu haben.

Sie erinnert sich: "Kinder zu haben in Deià war wunderbar. Es gab eine Hebamme im Dorf, die auch das Babysitting organisierte. Ich hatte unglaublich viel Unterstützung seitens der Dorfbewohner. Ich weiß noch, wie glücklich ich war, als jemand einen gebrauchten Kinderwagen für uns auftrieb." Doch es war auch oft schwierig: "Wir hatten selten Elektrizität und kein fließendes Wasser. Eine Gasflamme zum Kochen war eine Sensation. Und wir hatten sehr, sehr wenig Geld."

Doch damals wurden noch Dinge möglich gemacht. Einfach so: "Wir kauften ein kleines Stück Land im Dorf, um es später einmal zu bebauen. Man riet uns, so schnell wie möglich zu beginnen. In künftigen Zeiten würde es sehr viel mehr bürokratische Hindernisse geben. Also haben wir angefangen, und alle haben mitgeholfen."

In den 1970er Jahren ging auch Jacqueline Waldren während des Semesters nach England - um zu studieren: "Das war möglich, weil die Kinder dort in die Schule gingen." Jacqueline machte ihren Abschluss in Sozial-Anthropologie in Oxford, unterrichtete dort mehrere Jahre. Ihre Doktorarbeit, veröffentlicht 1996, wurde zu einem Standardwerk über die Entwicklung der Insel: "Insiders and Outsiders - Paradise and Reality in Mallorca".

Auf die Frage, was sich am meisten verändert hat, zögert sie nicht mit der Antwort: "Die Preise. Und natürlich auch das Leben der Mallorquiner. Die Bewohner von Deià waren Bauern, ihr Lebensrhythmus wurde davon bestimmt."

Damals wäre noch unmöglich gewesen, als Frau in eine Bar zu gehen. "Aber die Frauen hatten zu Hause das Sagen." Ein Nachbar sagte etwa: "Ich bin der Herr im Haus, wenn meine Frau nicht da ist." Dass ihr eigener Mann zu Hause arbeitete, was mehr als ungewöhnlich: "Daran mussten sich die Leute erst gewöhnen, vor allem die Frauen."

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Die Rolle der Frau hat die Anthropologin seit jeher am meisten interessiert. Sie weiß, dass vor allem ältere Mallorquinerinnen immer noch ihre Identität aus der Tatsache ableiten, gebraucht zu werden: "Von den Kindern, der Familie, vom Mann. Es war und ist eine Frage der Ehre, dass das Haus blitzsauber ist. Zu jeder Tageszeit. Wenn dann die Kinder aus dem Haus gingen, war das für diese Frauen oft sehr hart. Ich fühlte mich oft schuldig, wenn mein Haus nicht so war wie die anderen. Für alleinstehende Männer war und ist diese Einstellung sehr praktisch. Ein Witwer ist niemals allein. Alle kümmern sich."

In den 1980er Jahren änderte sich viel in Deià: "Vor allem mit der Eröffnung des Hotels La Residencia. Damals kamen plötzlich Fremde ins Dorf, die sich nicht scheuten, Reichtum zu zeigen, was auf der Insel als verpönt galt. Hier zeigte niemand, was er hatte. Bald danach veränderten sich auch die Restaurants, die bis dahin nur derbe Hausmannskost geboten hatten. Auf einmal hatten sie französisch angehauchte Speisekarten."

Seit den 1960er Jahren galt Deià als das Dorf der Künstler, was vor allem mit der Tatsache zu tun hatte, dass der Schriftsteller Robert Graves sich dort niedergelassen hatte. Er zog viele Berühmtheiten, viele Besucher an. So war man in Deià an Ausländer gewöhnt: "Man betrachtete sie sehr gelassen, aber als Exoten. Sie gehörten einfach dazu." Was so verwunderlich nicht ist, denn der Maler und Schriftsteller Santiago Rusinyol beschrieb schon um 1912 die Künstlerszene in Deià.

"In anderen Dörfern war das anders", sagt Jacqueline Waldren. "Hier fragte man sich: Was wollen die von uns? Unser Essen? Unser Land? Unsere Frauen?"

Einige wollten die Frauen, denn es gab im Laufe der Jahrzehnte viele Eheschließungen zwischen Mallorquinerinnen und Ausländern, was - vor allem, wenn Kinder da waren - das Ambiente veränderte: "Viele profitieren von den beiden Welten. Mallorca wird nach und nach immer kosmopolitischer, gerade durch die Kinder aus diesen Ehen. Man sah sich bei Elternversammlungen, auf dem Fußballplatz, bei Partys. Aber die Familie ist immer noch die stärkste Kraft, auch wenn heute die Großfamilie im alten Sinn kaum mehr existiert."

Was wiederum Wandel mit sich bringt: "Wir brauchen die Emigrantinnen, vor allem jene aus Lateinamerika. Sie sprechen die Sprache, habe die nötige Geduld mit Alten und Kindern."

Ausländer, so Jacqueline Waldren, kreierten ihre eigene Familie, bestehend aus einem festen Freundeskreis: "Ich denke, deswegen treten bis heute Ausländer so oft in Gruppen auf."

Und die älteren Frauen von Deià tun heute etwas, was sie nie zuvor getan hatten: Sie gehen spazieren: "Das hat der Arzt verordnet. Es ist gesund und macht Spaß. So entstehen im späten Alter noch neue Freundschaften." Jacqueline Waldren geht mit ihnen.

Wo sie sich zu Hause fühlt? Sie muss einen Augenblick nachdenken: "Seit mein Mann tot ist, bin ich mein eigenes Zuhause."