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Es geht um den "Allerwertesten", genauer gesagt: es geht um Hintern. Nicht umsonst heißt die Ausstellung von Jens Allenberg "Culos". Seine Skulpturen zeigen genau das. Sie sind ästhetisch, haptisch, voller Sinnesfreude und Verführung. Wie auch im echten Leben, wo Hinterteile (manchmal) die Betrachter in Entzücken versetzen können.

Jens Allenberg verwendet Feldsteine. Wenn er seine Skulpturen hier auf Mallorca fertigt, verwendet er Sandstein aus Santanyí, in Deutschland nimmt er Speckstein. Diese Steine werden angebohrt, bekommen ein Stahlgerüst und werden mit Beton aufgegossen, dann bemalt oder eingefärbt, das Material wird mit der Hand geglättet und danach poliert. Dadurch kommt der Effekt von Glanz und Wärme zustande. Man möchte die Skulpturen immer berühren, anfassen, streicheln: "Sie sollen in der Hand zergehen", sagt Allenberg.

Gelegentlich fügt er noch Fundstücke wie Holz oder rostige Eisenteile hinzu: ein reizvoller Gegensatz. Die Größen reichen von sehr groß bei einem Gewicht von 750 Kilo bis zu "handlich", was aber immer noch ein Gewicht von gut drei Kilo bedeuten kann. Außerdem sind die Skulpturen mobil, sie haben also keinen festen Stand. Man kann sie in allen nur erdenklichen Positionen präsentieren: "Mit ein paar kleinen Steinen stehen sie aufrecht, wenn man das denn will", sagt der Künstler.

Allenberg (Königsberg 1942) hat sich seit jeher der Kunst gewidmet: "Ich komme aus einer Künstlerfamilie. Aber meine Ambitionen hat man bei mir, als dem Jüngsten, nie so sehr ernst genommen. Einer meiner Onkel war Chirurg. Der hat mir imponiert, so habe ich mich diesem Beruf zugewandt."

Sein Medizinstudium hat Allenberg mit einer kleinen Werkstattgalerie finanziert, in der er gemeinsam mit einem Freund Druckgrafiken und Zeichnungen vertrieb: "Wir haben auf dem Wochenmarkt in Heidelberg zwischen den Tomaten Kunst angeboten. Das war in den 1960er Jahren. Wir waren damals schon der Meinung: Kunst sollte erschwinglich sein."

Seit seinem 27. Lebensjahr arbeitete Jens Allenberg als Arzt, spezialisierte sich auf Herz- und Gefäßchirurgie, 1979 habilitierte er und war bis 2007 Universitätsprofessor für Gefäßchirurgie an der Universitätsklinik Heidelberg. "Chirurgie hat mit Kunst sehr viel tun", sagt er. "Das ist vor allem das Haptische. Man muss innen und außen viel ertasten. Ich habe inzwischen dreidimensionale Finger. In der Gefäßchirurgie macht man vieles blind. Design und Funktion bedingen sich und gehen ins Gefühl über."

Seit 1977 hat Allenberg einen Zweitwohnsitz auf Mallorca: "Wir sind durch Zufall hierher gekommen, denn ich war eigentlich ein Ibiza-Fan. Aber eines Tages konnten wir bei einem Spontanurlaub nur Mallorca buchen. Ich hatte alle nur erdenklichen Vorurteile. Wir nahmen unsere Klappräder mit und erkundeten ein Mallorca, das wir so nicht erwartet hatten. Bald danach kauften wir bei Felanitx eine Ruine, die wir nach und nach renoviert und ausgebaut haben."

So hat er ein Atelier hier und in Deutschland, malt, bildhauert. Für die vier Kinder und sechs Enkelkinder ist die Insel längst zum Zuhause geworden: "Das klingt ja fast zu harmonisch", spottet er. Es ist aber so, genau so harmonisch wie seine Skulpturen.

INFO
"Culos", Skulpturen von Jens Allenberg im Museum Can Morey de Santmartí, Palma, Carrer de la Portella 9.
Geöffnet bis 10. Juli

(aus MM 24/2014)