TW
0

Pere Bisbal hat es nicht eilig. Der 41-Jährige schiebt einen gemütlichen Bauch vor sich her, macht einen Scherz nach dem anderen und lässt sich nicht gerne hetzen. "Man muss Geduld haben", sagt er. "Das ist das Allerwichtigste."

Bisbal ist Marger, Trockensteinbaumeister, und arbeitet für den Inselrat, die Institution, die unter anderem für den Erhalt der mallorquinischen Kulturgüter zuständig ist. Wenn man so will, ist auch Pere Bisbal ein solches. Denn es ist noch nicht allzu lange her, da war der Beruf des Marger auf der Insel vom Aussterben bedroht.

Die Trockensteinbauweise, die das Landschaftsbild Mallorcas über Jahrhunderte geprägt hatte, wich zusehends moderneren, billigeren und schnelleren Methoden. "Es hat sich einfach nicht mehr gelohnt, als Marger zu arbeiten", sagt Bisbal.

Also begann der Inselrat, die Ausbildung zum Marger zu subventionieren und entsprechende Kurse zu organisieren. Das Wissen gaben die letzten verbliebenen Trockensteinbaumeister weiter. An Leute wie Pere Bisbal, der Anfang der 90er Jahre seine Ausbildung zum Marger absolvierte. Zuvor hatte er an einer Tankstelle gearbeitet und dann über Nacht den Job verloren.

"Da habe ich mir vorgenommen, unbedingt ein richtiges Handwerk zu lernen", sagt er. "Ich genieße es vor allem, immer an der frischen Luft zu sein. Ich könnte nicht den ganzen Tag im Büro sitzen."

Heute arbeiten allein beim Inselrat 15 Margers, die für den Erhalt der wichtigsten der Trockensteinbauwerke der Insel zuständig sind: Terrassengärten, Kanäle, landwirtschaftliche Nutzgebäude, Schneehäuser, Kalköfen, Köhlerhütten, alte Post-, Pilger- und Schmugglerwege.

Darüber hinaus gibt es Hunderte Kilometer Mauern in den unterschiedlichsten Ausformungen, die seit jeher den Landwirten zur Begrenzung ihrer Felder dienten. Als die Unesco 2011 der Serra de Tramuntana den Welterbestatus zuerkannte, war der Schutz des steinernen Vermächtnisses der Insel einer der Hauptbeweggründe.

Ähnliche Nachrichten

"Eine der Besonderheiten der Trockensteinbauweise ist, dass sie nicht für die Ewigkeit bestimmt ist", sagt Bisbal. "Diese Mauern sind dynamisch." Durch Witterung und Erosion sind die Steine in permanenter Bewegung. Der Wechsel zwischen praller Sonne und Kälte lässt die Kalksteine platzen, der Regen tut das Übrige.

So kommt es, dass die große Mehrheit der Trockensteinbauwerke, die man heute auf Mallorca sieht, nicht älter als 150 Jahre sind. "Das Wiederinstandsetzen eingestürzter Mauern ist fester Bestandteil unseres Berufs."

Die Vorteile der Trockensteinbauweise lägen gerade in ihrer Durchlässigkeit, sagt Bisbal. Im Gegensatz zu betonierten Mauern kann Regenwasser hier ungehindert abfließen, was gerade in abschüssigen Regionen wie der Serra de Tramuntana wichtig ist, wie Bisbal erklärt. "Außerdem benutzen wir nur Materialien, die wir vor Ort finden. Das ist wirklich nachhaltig."

Das Wichtigste beim Bau sei, dass sich nichts bewege, wenn man die Mauer hochzieht, sagt er. Jeder Stein müsse nach Möglichkeit jeden anderen Stein in seiner Umgebung berühren. Je mehr Berührungspunkte, desto mehr Stabilität. Um dies zu erreichen, werden die Steine zuvor mit einem speziellen Hammer behauen, solange, bis sie die gewünschte Form haben.

Eine entscheidende Rolle spielt dabei das geübte Auge des Marger. "Ich sehe mittlerweile sofort, welcher Stein am besten in eine bestimmte Lücke passt", sagt Bisbal. "Du musst schon am Anfang die fertige Mauer vor Augen haben."

RUTA de PEDRA en SEC

Eines der ehrgeizigsten Projekte des Inselrats ist die Ruta de Pedra en Sec (Trockensteinwanderroute). Deren Hauptroute GR 221 führt von Andratx nach Pollença. Teile dieser Strecke sind nicht offiziell zugänglich, da sie sich in Privatbesitz befinden. Zur Ruta de Pedra en Sec gehören aber auch viele Nebenstrecken, insgesamt rund 300 Kilometer Wanderwege. Bislang sind 150 Kilometer freigegeben, einen Zeitplan zur Fertigstellung gibt es nicht. Weitere Informationen gibt es unter: www.conselldemallorca.es.

(aus MM 46/2014)