Die Fotografien von Iris Wagner enthalten weder idyllische Ansichten noch Mallorca-Klischees.

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Manacor im Osten Mallorcas steht für Kunstperlen und Möbel, Kacheln und Ziegeleien, Hühnerfabrik und Tennisstar Rafael Nadal. Nur nicht für ästhetischen Hochgenuss. Auch nicht für traditionellen Inselcharme.

Trotzdem ist Iris Wagner zwischen 1991 und 2006 immer wieder mit ihrer Leica losgezogen, um Aufnahmen von der Stadt zu machen. Gut eineinhalb Jahre nach ihrem Tod zeigt die Galería Kewenig unter dem schlichten Titel "Manacor" eine Schau dieser Schwarz-Weiß-Fotografien.

"Stimme der Vernunft." So bezeichnete die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" einmal Iris Wagner. Dies bezog sich auf ihre Haltung, mit der sie den Streitigkeiten und Intrigen um das Erbe ihres berühmten Urgroßvaters, des Komponisten Richard Wagner, gegenüberstand.

Genauso gut könnte es auch für die Fotografin Iris Wagner stehen. Denn ihre Bilder entbehren der sattsam dargestellten Idylle und Klischees der Insel. Ihr Bruder, der auf Mallorca lebende Architekt Wolf Siegfried Wagner, schreibt von dem "gnadenlosen Auge", mit dem sich seine Schwester "diesem Ort mit aller Schärfe bis zur Unschärfe genähert" hat.

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Es sind öde, auf dem Altar der Funktionalität geopferte Stadtlandschaften, auf die Wagner ihren Fokus gerichtet hat. In Zyklen umkreisen ihre Bilder Motive. Da wandelt das Auge des Betrachters trostlos einen Wasserkanal entlang, Schnittstelle zwischen Beton und Wildwuchs, in dessen Lachen sich das Licht spiegelt. Bis die Realität zu einer unscharfen Abstraktion von Hell und Dunkel reduziert ist.

Oder die Annäherung vom Acker her an die Stadt mit dem markanten, einem Minarett gleichenden Kirchturm. Sie führt über vermüllte Brachen bis in Straßen mit schmucklosen Häusern und Rohbauten - und immer mit der Kirche im Zentrum. Oder ein Patio voller Gerümpel, der Ausschnitt eines vermüllten Bades, eine Küche, über deren Herd ein Gemälde von letzten Abendmahl verblasst.

Diese Orte strahlen gleichermaßen Präsenz und Verlassenheit aus, unbeachtet oder nicht mehr gebraucht, doch einfach da. In diesen kompakten und intensiven Fotografien, so der Kunstkritiker Carlos Jover, "ist alles gesagt, selbst das, was unserem Blick verborgen bleibt".

INFO
Dauer: bis Samstag, 12. Dezember
Montag bis Freitag 10 bis 14 Uhr und 16 bis 20 Uhr, Samstag 10 bis 14 Uhr
Carrer Sant Feliu
Palma

(aus MM 45/2015)