Über seine Bilder sagt Norbert Schäfer: "Ich friere Momente des wahren Sehens ein."

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Der Eindruck täuscht: Diese Redensart ist durchaus wörtlich zu nehmen, denn was die Netzhaut auffängt und über die Sehstäbchen weiterleitet, ist noch nicht das, was wir als Bild erkennen. "Der Mensch sieht in Wirklichkeit selektiv", erklärt der Fotograf Norbert Schäfer. Was wir für die Realität halten, sind tatsächlich Einzelbilder, die das Gehirn interpretiert und zur vermeintlichen Wirklichkeit zusammensetzt.

Bei dieser Erkenntnis setzt Schäfers Kunst ein. Mit seinen Fotografien versucht er, den Prozess der Bildverarbeitung im Gehirn wieder zurückzudrehen: "Ich friere Momente des wahren Sehens ein", sagt er. In jedem Bild gebe es deshalb einen Schärfe- oder Unschärfepunkt, um die blinden Flecken und Bewegungen wieder sichtbar zu machen.

Wie dies aussieht, kann man ab Donnerstag, 19. Mai bis Dienstag, 28. Juni, in Palma in der Misericòrdia, dem Kulturzentrum des Inselrats von Mallorca betrachten. "Moments Aleatoris" (auf Zufall beruhende Momente) ist die Schau überschrieben.

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Dass Schäfer dabei nicht irgendwelche, sondern magische Momente und die richtigen Motive einfängt, macht den Meister aus. Ebenso der gekonnte Umgang mit dem digitalen Instrumentarium: Er überhöht ästhetisch banale Motive, übersteigert die Wirkungen von Farben und Licht, schichtet unterschiedliche Wirklichkeiten und Zeitebenen.

"Decorative Art", nennt er das Ergebnis - nicht ohne zu sagen, dass Kunst im Grunde nicht in Worte zu fassen sei. Vielleicht auch deshalb belässt er es dabei: "Ich mache, was mir gefällt und mache Kunst in erster Linie für mich. Aber wenn sie jemandem gefällt, finde ich das schön."

Die Vernissage am 19. Mai beginnt um 19 Uhr. Geöffnet ist die Schau dienstags bis freitags von 11 bis 14 Uhr und 16.30 bis 20.30 Uhr sowie samstags von 11 bis 14 Uhr.

(aus MM 20/2016)