Direktorin Sandra Seeling über das diesjährige Filmfestival: "Das fünfte Festival-Jahr bringt auf jeden Fall noch mehr Internationalisierung." | Patricia Lozano

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Mallorca Magazin: Frau Seeling, wie haben Sie es geschafft, Danny DeVito zum Evolution Mallorca International Film Festival auf die Insel zu bringen?

Sandra Seeling: Ich sah seinen Kurzfilm "Curmudgeons" auf einem Festival. Danach kontaktierte ich über einen gemeinsamen Bekannten seinen Sohn und Ko-Produzenten Jake DeVito und sagte, wenn der Film schon auf Mallorca gezeigt wird, wäre es toll, wenn sein Vater auch käme. Dass er nun tatsächlich kommt, freut mich natürlich riesig.

MM: Was bringt das fünfte Festival-Jahr?

Seeling: Auf jeden Fall noch mehr Internationalisierung. Wir haben dieses Jahr 80 Filme aus 20 Ländern, darunter Deutschland, Israel, Spanien, USA, Kanada, Georgien, Slowenien. Ich finde, dass wir in Europa schon ein sehr internationales Festival sind. Die Festivals von Sitges oder San Sebastián gibt es natürlich schon viel länger und sie sind entsprechend größer aufgestellt. Aber sie sind sehr auf spanische Filme fokussiert. Und wenn man den Anteil ausländischer Filme beim EMIFF nimmt, sind wir schon ein kleines, feines internationales Festival.

MM: Gibt es da auch Unterschiede in der Qualität der Filme?

Seeling: Wir haben das erste Mal Filmer kontaktiert, die eine Liga höher spielen und schon andere Preise gewonnen haben als vorher. Hinzu kommen die Leute, die die Filme vertreten.

MM: Zum Beispiel?

Seeling: Ein Beispiel ist "Supersonic", die Dokumentation über Oasis, die sich schon woanders eine Reputation erworben hat. Die Regisseure wollen zum Festival kommen und dabei sein. Weitere Beispiele sind "Tour de France" von Rachid Djaidani mit Gerard Depardieu in der Hauptrolle und "Sky" mit Diane Krüger und Norman Reedus. Wir haben auch unsere Side-Events für die Industrie auf der Insel ausgebaut und weiter professionalisiert. Wir bieten nicht mehr nur Café con Cine an, sondern auch professionelle Talkrunden, bei denen ein Networking zwischen Filmemachern, Produzenten und Verleihern entsteht.

MM: Wozu dient dieses Networking?

Seeling: Ein gutes Beispiel sind Marga Melía und ihr Film "Bittersweet Days". Sie ist die erste Frau auf der Insel, die das Buch geschrieben, die Regie geführt und den Film auch produziert hat. Sie hat gezeigt, dass das geht. Die große Frage ist dann aber: Wie komme ich damit raus? Und unser Ansatz ist halt nicht, mit ihr raus zu gehen, sondern wir haben sie gefragt, welche Verleihe sie interessieren, und haben versucht, diese Leute auf die Insel zu bringen.

MM: Wie offen sind den Verleiher dafür, auf die Insel zu kommen?

Seeling: Manche hatten natürlich keine Zeit, da mussten wir noch einmal umdisponieren und jemand anderes einladen. Aber sie haben eigentlich immer sehr gut auf unsere Mission angesprochen. Und Mallorca als Destination hilft selbstverständlich auch.

MM: Knüpfen auch Filmemacher untereinander Kontakte auf dem Festival?

Seeling: Ja, und ein Resultat davon ist der Kurzfilm "Martha", der am 6. November läuft. Carmen Molinar hat das Buch geschrieben. Sie wollte auch Regie führen. Aber weil sie außerdem die Hauptrolle spielt, holte sie Florian Gottschick als Regisseur, den sie beim letzten Festival kennengelernt hatte. Sie hatten sich gleich super verstanden. Florian hatte zwischen zwei Spielfilmen gerade Zeit. Er ist im Januar nach Mallorca gekommen und dann haben sie zwei Monate zusammengearbeitet. Und wenn das mit einem Kurzfilm klappt, warum nicht auch mit einem Spielfilm?

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MM: Welche Film-Kategorien gibt es beim Festival?

Seeling: Wir haben Kurz- und Langfilm, Spiel- und Dokumentarfilme, wir haben wieder einen Kinderfilm- und einen Experimental-Block, Musikvideos und eine Sektion "Made in Baleares" mit zehn Filmen. Die Balearen-Sektion war noch nie so groß. Wir haben zum Beispiel den Spielfilm "Dusky Paradise". Er wurde von dem deutschen Regisseur Gregory Kirchhoff komplett auf der Insel gedreht, aber privat und nicht mit Hilfen von der Insel, auch nicht von der Film Commission. Dieser Film läuft jetzt auf Festivals und beim Evolution Film Festival hat er seine Spanien-Premiere. Es ist schon interessant, dass Institutionen und die Film Commission Dreharbeiten auf Mallorca fördern, aber manche Filmemacher darauf verzichten und einfach machen.

MM: Warum? Ist die Bürokratie zu aufwendig?

Seeling: Bürokratie ist immer mit Aufwand verbunden, und mitunter geht es halt auch ohne sie. Ich glaube, solche Unterstützungen sind mehr für Werbefilme oder für große Filme. Aber die kleinen Indie-Filme werden hier ebenfalls gedreht, nur hört man kaum etwas davon. Denn die Macher kündigen nicht an, dass sie nach Mallorca kommen, sondern sie drehen und gehen dann damit raus in die Welt. Da ist es natürlich gut, dass ich zwei solcher Filme gefunden habe. Und alle von der Insel waren sehr überrascht, haben sich aber auch gefreut.

MM: Wie findet man solche Filme?

Seeling: Ich besuche das ganze Jahr über so oft es geht Festivals. Im letzten Jahr war es natürlich einfacher, weil ich selber einen Kurzfilm hatte, der auf Festivals lief, zu denen ich auch eingeladen wurde. Oder ich saß als Festivaldirektorin in Gesprächsrunden. Da hatte ich dann die Gelegenheit, auch die ganzen Filme anzugucken. Dazu kommt sehr viel Recherche im Internet, was auf welchen Festivals läuft.

MM: Haben Sie unter den Filmen des Festivals einen Favoriten?

Seeling: Mein absoluter Lieblingsfilm ist "Wild", ein deutscher Film von Nicolette Krebitz. Ich haben ihn im Januar beim Sundance Film Festival sehen, und dachte: Den muss ich haben! Er läuft am 10. November und handelt von einer IT-Studentin, die ganz unauffällig in einem Büro arbeitet und sich dann in einen Wolf verliebt, den sie neben ihrer Plattenbausiedlung im Wald entdeckt hat. Daraus wird eine Liebesgeschichte, und sie entfernt sich komplett von dieser Welt des Corporate Business.

MM: Wird die Regisseurin nach Mallorca kommen?

Seeling: Wir sind noch am Dealen.

Die Fragen stellte Martin Breuninger

Und das hier sind zehn der Highlights des anstehenden Festivals.

ZUR PERSON: Sandra Seeling

Die Schauspielerin Sandra Seeling ist die Gründerin und Leiterin des Evolution Mallorca International Film Festivals. Geboren 1983 in Berlin, lebte von ihrem neunten bis 18. Lebensjahr auf Mallorca. Auf der Insel spielte 1999 auch ihre erste Rolle - in der Fernsehserie "Mallorca - Suche nach dem Paradies". Seit 2004 lebt Seeling in Los Angeles. Dort veranstaltete sie 2012 am Hollywood Sunset Boulevard das erste Evolution Film Festival und rief im selben Jahr dessen Schwesterveranstaltung in Palma ins Leben. Seeling ist mit dem Kameramann Rainer Lipski verheiratet.

(aus MM 43/2016)