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Die Hauptstraße entlang in Richtung Hafen und an der Tankstelle links einbiegen, dann fährt man auch schon auf Sóllers ehemalige Textilmanufaktur Can Puig zu. Mit ihren großen Facettenfenstern ragt sie hinter einer efeubewachsenen Mauer empor.

Stoffe werden dort schon lange nicht mehr hergestellt. Seit mehr als drei Jahrzehnten übt dort der Künstler Toni de Cúber seine Kunst aus. Genauer, seine Künste: Toni de Cúber ist Maler, betreibt eine Galerie und restauriert Perser, Kelims, Tapisserien. Sein karges Reich mit den große Wänden und hohen Decken erstreckt sich über zwei Fabriketagen mit insgesamt rund 900 Quadratmetern.

Gleich im weiträumigen Eingangsbereich erhält der Besucher einen charakteristischen Eindruck von dem Künstler und seiner Arbeitsweise. Der Raum öffnet sich nach einer Seite hin ins Freie, was nicht nur das Tageslicht eindringen, sondern auch die Natur allgegenwärtig sein lässt. Von der hohen, schrägen Decke hängt eine dreidimensionale Arbeit herab, gefertigt aus weißgrau bemalten Rebzweigen.

Vor einem Tisch steht de Cúber, grüßt kurz und bittet um einen kurzen Moment Zeit. In eine mit Wasser gefüllte Plastikwanne legt er Papierbögen ein. "Ich will etwas probieren", sagt er erklärend. Dann bittet er nach nebenan.

Im Erdgeschoss befinden sich Atelier und Galerie. Und eine Presse mit Museumswert. Die Vorbesitzer, die Familie Puig, haben sie zurückgelassen. Einst wurden mit ihr Stoffballen komprimiert, indem man an einem großen Eisenrad drehte. Der Künstler hat die Presse für seine Zwecke umgebaut und stellt heute Drucke damit her.

Oft verwendet Toni de Cúber Fundgegenstände wie Steine und Hölzer, die ihre farbigen Spuren und Eindrücke auf Papier hinterlassen. Oder er fertigt Bilder aus handgeschöpftem Papier, in das allerlei Materialien, vom Champignon bis zu Tierhaaren, eingearbeitet sind. Wie seine Kunst, ist ihr Schöpfer eng mit der Natur verbunden. Und ist großzügig, hält vieles bereit, was er für seine Arbeiten verwendet, Erde, Knochen, Rinde, Pflanzen, sogar Wein. "Man findet immer Dinge, um etwas Neues zu probieren", sagt der Künstler, der nicht ohne Grund von der "Küche der Malerei" spricht.

Geboren 1949, wuchs Toni, der mit Nachnamen eigentlich Matheu heißt, auf einer Finca im Gebirgstal Cúber auf. 1971 musste die Finca einem Stausee weichen. Nach alter mallorquinischer Sitte blieb der Herkunftsort jedoch im Namen erhalten: Toni vom Cúbertal, so haben sie ihn schon immer in Sóller genannt, und so nennt er sich auch bei seinen Ausstellungen in Palma, Barcelona und Madrid.

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In Can Puig zeigt er hin und wieder seine Werke in Ausstellungen. Ansonsten steht die Galerie anderen Künstlern zur Verfügung. Im Frühjahr steht eine Kollektivschau auf dem Programm, mit Arbeiten von Künstlern, die mit dem Atelier und Sóller in Verbindung stehen. Im Juli wird Toni Barrero, ein Maler aus Sóller, hier seine Arbeiten präsentieren.

Seine Räume hat Toni de Cúber ordnungsgemäß als Galerie angemeldet. "Das ist jedoch keine normale Galerie. Uns interessiert mehr die Arbeit als das Kommerzielle", stellt er klar. Viel Geld verdient er mit dieser Art von Kunstgeschäft nicht. Noch vor dem Immobilienboom hatte er die ehemalige Textilfabrik für wenig Geld erworben. "Das ist ein Vorteil", meint er. "Anderenfalls wäre es schwierig, von der Kunst zu leben."

In Zeiten virtueller Welten, digital erzeugter Bilder und grellen Werbebotschaften wirken die Arbeiten von Toni de Cúber wie ein Kontrapunkt, der aus der Zeit getreten ist. "Die Leute sind gesättigt von Überfluss der Bilder und Informationen", befindet er. Dagegen wirken seine Arbeiten wie Ruhepole und visuelle Landschaften, die zum Verweilen in einer nicht-urbanisierten Welt einladen, ebenso zum Berühren mit den Blicken, aber auch mit den Händen. Auch das sagt viel über den Künstler und Naturmenschen aus, der freimütig bekennt, dass er schon in manchem Museum Probleme bekam, weil er alles anfassen muss.

Neben der Kunst ist das Restaurieren von Teppichen, Kelims und Tapisserien das andere Standbein des Toni de Cúber. In der ersten Etage von Can Puig repariert er die Textilien, die aus den großen Dorf- und Stadtpalästen der Insel stammen, darunter auch Kostbarkeiten aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Derzeit gebe es jedoch wenig zu tun, erzählt er.

Diese langwierige Arbeit bedarf des Fingerspitzengefühls und der Geduld. Beides hat er 1975 bei einer Reise durch den Orient gelernt, und bei beidem schaut ihm eine Pappfigur zu, die unschwer zu erkennen ist: Robert Graves. Scherzhaft zeigt der Künstler auf die Figur und sagt mit einem verschmitzten Lächeln: "Das ist mein Chef - er beaufsichtigt mich."

ATELIER TONI DE CÚBER: Öffnungszeiten:. DI bis FR 11 bis 13 Uhr und 17 bis 19 Uhr, SA 11 bis 13 Uhr. Ort:. Can Puig, Costa d'en Llorenç 3, Sóller. Kontakt:. 971-634091 oder 648-277407; can_puig@hotmail.com

(aus MM 6/2017)