Joan Bennàssar mit einer seiner Skulpturen: "Ich habe meine Wurzeln gefunden und meine Vision von der Zukunft." | Pilar Pellicer

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Wenige Figuren haben sich im europäischen Kulturbewusstsein so tief eingeprägt wie Odysseus, König von Ithaka. Vor rund 2800 Jahren entstand die "Odyssee". In diesem Epos schickt der Dichter Homer den Helden Odysseus auf eine zehnjährige Reise, bis er nach allerlei Abenteuern wieder in sein Inselreich Ithaka zurückkehrt.

Zehn Jahre hat auch eine Reise des Künstlers Joan Bennàssar gedauert. Sie begann mit dem Buch "Mallorca eròtica", zu dem Gabriel Janer Manila und Felip Munar die Texte beisteuerten, führte über "El vino que bebo sabe de mar" (Der Wein, den ich trinke, schmeckt nach Meer") mit Texten von Antoni Planas zum letzten Teil der Trilogie "Batec de rems copejant la mar".

"Batec de rems copejant la mar" lässt sich am besten mit "Ruderschläge auf dem Meer" übersetzen. So heißt die neue Publikation von Bennàssar mit Texten von Antoni M. Planas sowie mit chronologischen Übersichten von Joan Bennàssar Escape. Das 80-seitige Werk zur Geschichte und Kultur des Mittelmeers werden Sie, liebe Leserinnen und Leser, mit dem kommenden Mallorca Magazin am 27. April gratis an den Insel-Kiosken erhalten. Zudem wird dieser Edition eine Sonderbeilage über den Künstler aus Pollença beigefügt sein.

"Ruderschläge auf dem Meer" ist der dritte und letzte Teil einer Trilogie. Begonnen hat sie vor zehn Jahren mit "Mallorca eròtica". Damals, so Bennàssar, zu einer Zeit von mehr Fröhlichkeit und Zuversicht als heute, habe er die Sexualität der Leute auf dem Lande darstellen und die Wurzeln des Matriarchats in seinem Elternhaus hervorheben wollen. "Die Frau ist die Mutter aller Dinge, im Mittelmeerraums spielt sie eine bedeutende Rolle", sagt der Künstler.

Darüber hinaus sagt er vom "Kampf der sich bildsam suchenden Körper", dass er nicht nur wunderschön, sondern auch der Akt sei, der dem Menschen am meisten Sinn und Befriedigung gebe. Und nicht zufällig bezeichnet sich Bennàssar als klassischer Maler. "Der Sex, das Besingen der Liebe und ihrer Wahrheit finden ihre Bestätigung in den Schönheitsidealen der alten Griechen, bei denen das Maß die Norm ist, was sich in den vier Phrasen auf dem Tempel von Del-phos widerspiegelt: Das Exakteste ist das Schönste; respektiere die Grenzen; hasse die Ungehörigkeit; nichts im Übermaß."

2012 folgte mit "El vino que bebo sabe de mar" der zweite Teil der Trilogie. Veröffentlicht wurde er mitten in Zeiten der wirtschaftlichen, politischen und, wie Bennàssar sagt, auch emotionalen Krise. Die Arbeit an diesem Buch sei da wie das Öffnen eines Fensters gewesen, um sich in einen Höhlenzauberer, ägyptischen Kunsthandwerker, Mönch, Renaissance-Künstler, Pariser Bohemien zu verwandeln. "Regenwolken und Weinreben zu malen, diesen so menschlichen und trunkenen Gottes Bacchus zu porträtieren, mich in die Sinneslust und die Lustopfer der Mänaden zu verlieben, all das hat mir erlaubt, den Mythen, der Geschichte und den Landschaften in meinem Werk einen anderen Sinn zu geben."

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Im dritten Teil der Trilogie geht es nun in elf Kapiteln um die Sozial- und Kulturgeschichte des Mittelmeerraums - von den Ursprüngen bis zur Gegenwart, von der Entstehung des Universums vor etwa 13,8 Milliarden Jahren bis zur Entdeckung des Higgs-Teilchens im Jahr 2013, von den Ursprüngen der Erde vor rund 4,5 Milliarden Jahren bis zum Beginn des Bürgerkriegs in Syrien im Jahr 2011.

"Eigentlich wollte ich ein Buch über die mediterrane Kultur machen, aber das schien mir ohne die Geschichte unmöglich", erklärt Bennàssar. Das Mittelmeer habe stets viele Völker verbunden und zugleich getrennt. Ähnlich wie dieses Meer will der Künstler mit "Ruderschläge auf dem Meer" möglichst viele Menschen erreichen. Deshalb die Publikation als Geschenk, auch auf Deutsch, deshalb aber auch ein Buch, das sein didaktischstes ist. Ebenso ist es ein Werk, das er als "Buch der Liebe zu den Inseln" bezeichnet und das nicht zuletzt dazu beitragen sollt, "dass die Leute, die hierherkommen, uns verstehen".

Bennàssar ist alles andere als ein weltfremder Künstler. Im Gegenteil, wie ein Fisch im Meer ist er eingetaucht in seine Umwelt und deren Geschichte, in sein Leben auf einer Insel, die er als den schönsten Ort der Welt bezeichnet und auf der sich die Wegen von Menschen unterschiedlichster Herkunft kreuzen, mitunter auch mischen.

Für diesen Künstler ist die Kultur universal und erleichtert das Zusammenleben, sind Grenzen dagegen etwas Fiktives, geschaffen vom Menschen. Sie zu überwinden, dazu könne die Kunst beitragen, lautet sein Credo: "Das Bild und der Blick können leichter über Grenzen springen als Worte."

Dass "Ruderschläge auf dem Meer", das Schlagen der Ruder auf dem Meer, nicht nur nach Leichtigkeit klingt, zeugt ebenfalls davon, wie sehr sich Bennàssar mit der Geschichte des Mittelmeers auseinandergesetzt hat, von der Kultur der alten Griechen über Al-Andalus und das spanische Weltreich bis zur industriellen und technischen Revolution und den Geschehnissen unserer Tage.

Mit "Batec de rems copejant la mar" schließt Bennàssar eine Phase ab, die zugleich eine Reise zu den eigenen Ursprüngen und eine Erweiterung der Sicht von der Welt und der Kunst war. Zehn Jahre lang hat er ganz im Sinne einer mediterranen Ästhetik der Schönheit und Lebensfreude gearbeitet. Am Ende dieser Phase kann er sagen: "Ich habe meine Wurzeln gefunden und meine Vision von der Zukunft."

Apropos Zukunft: Im Juni wird Bennàssar ein weiteres, 280 Seiten umfassendes Buch in Spanisch, Englisch und Deutsch veröffentlichen. Zugleich wird er von Anfang Juni mit Arbeiten in Sóller vertreten sein. In Port de Sóller wird er drei Skulpturengruppen ausstellen: ein Ensemble von gehenden Figuren, ein weiteres von sitzenden Figuren, die miteinander kommunizieren sowie zwei große Köpfe. Zeitgleich wird er im Teatro La Defensora in Sóller Malerei ausstellen.