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„Die meisten können kaum glauben, wie viele Comiczeichner es auf Mallorca gibt”, sagt „Max” belustigt. Francesc Capdevila, der von allen nur „Max” genannte 62-jährige Zeichner aus Barcelona, ist über die Insel hinaus für seine Illustrationen und Comics bekannt. 2007 wurde der Spanier mit dem langen grauen Bart und den lässig zum Zopf gebundenen Haaren sogar mit dem Spanischen Nationalpreis dafür geehrt.

Neben Comics und einer wöchentlichen Illustration in der renommierten spanischen Tageszeitung „El País” arbeitet der Katalane mit Kollegin Flavia Gargiulo gerade an einem Buch. „Aus einer kleinen Gemeinschaft aus Veteranen haben wir auf Mallorca eine große Szene geschaffen”, sagt Max, der 1973 sogar eine Untergrund-Comic-Gruppe gründete. Rezession und Krisen ließen den Markt in den 90er Jahren einbrechen, aber das große Netzwerk habe geholfen, die Kunstform aufrechtzuerhalten. Bis 1994 gab es auf Mallorca keinen einzigen Comic-Verlag. So sind zwischen einheimischen Künstlern Kooperationen und auch ein internationales Magazin entstanden.

Hendrik Dorgathen, 61, ist deutscher Illustrator und Zeichner. Kurze graue Haare, strahlend blaue Augen, verschmitztes Lächeln. In Deutschland arbeitet Dorgathen schon seit vielen Jahren für verschiedene Verlage und fällt vor allem durch seinen unkonventionellen Zeichenstil auf, der auch mal aneckt und mal politisch ist. Die Mischung seiner Auftraggeber ist bunt: Vom Wissensmagazin „GEO” über Satire-Hefte wie „Pardon” bis zur „New York Times”.

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Weil Dorgathen schon seit 2003 Professor für Illustration und Comic an der Kunsthochschule Kassel ist, pflegen er und "Max" seit fast 30 Jahren einen Austausch. In diesem Jahr haben sie zum ersten Mal einen Workshop auf Mallorca auf die Beine gestellt. Beim „European Comic Workshop” sind an vier Tagen 14 Studenten aus Dorgathens Klasse in Kassel mit 14 Illustrations-Studenten der Universität der Balearen in Palma zusammengekommen. Um zu vergleichen, zu diskutieren und Kontakte zu knüpfen.

In der Unterrichtssprache Englisch versuchen der Deutsche und der Katalane den Studenten in lockerer Atmosphäre zu vermitteln, mit welchen Techniken der moderne Comic arbeitet. Bei aller Liebe zur Kunst: Die Nachwuchs-Zeichner wollen damit künftig immerhin beruflich Fuß fassen. Zum Thema „Europa und ich” – im Hinblick auf Chancen, Schwierigkeiten und Kontroversen, sollen die jungen Künstler mit ihren Werken Stellung beziehen. „Dass wir hier sitzen, hat mit der EU zu tun”, sagt Dorgathen und betont, dass auch seine Karriere vom Austausch mit anderen Zeichnern profitiert hat. „Unter Comiczeichnern gibt es keinen Neid”, sagt der Illustrator. „Es ist ein demokratisches Medium, das unabhängig von Finanzierung und Produzenten ist.”

„Realistische Comics der 90er haben die Szene verändert”, so Max. Das läge auch an den erfolgreichen Verfilmungen. Auch Dorgathen weiß, dass man mit Comics mehr Grenzen überschreiten kann als mit Worten und empfindlichere Themen antasten kann. Er schätzt die beruflichen Chancen für Illustratoren mit einer Comic-Spezialisierung bedeutend höher ein als ohne. „Das ist eine riesige, weltweit agierende Industrie”, sagt der 61-Jährige. Kinofilme, Spielehersteller – überall würde man solche „Geschichtenerzähler” benötigen. Nachholbedarf sehe er dafür im akademischen Angebot in Spanien. Szene-Kenner Max bestätigt: „Leider gibt es spanienweit auf dem Arbeitsmarkt kein großes Angebot in diesem Feld, weshalb die meisten lange nach Jobs suchen.”

(aus MM 43/2018)