Fréderic Pinya ist Geschäftsführer der Galerias Pelaires. Sein Vater war einst der berühmteste Galerist der Insel. | MM

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In Mallorcas Kulturszene brodelt es. Die Balearen-Regierung hat einen Plan zur Reaktivierung vorgelegt – und sich die geballte Kritik der Branchenverbände eingehandelt. MM im Interview mit Fréderic Pinya, dem Geschäftsführer der seit 51 Jahren bestehenden Galeria Pelaires in Palma.

Mallorca Magazin: Der Govern hat in seinem Plan zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Reaktivierung auch ein Programm für die Kultur vorgeschlagen. Ihr Verband hat es als „heiße Luft“ bezeichnet. Warum?

Fréderic Pinya: Seit Beginn der Ausgangssperre haben wir über die Plattform Crea (Plattform der Verbände aus den unterschiedlichen Kulturbereichen, Anm. d. Red.) in verschiedenen Sitzungen die Kriterien und Vorschläge zusammengetragen, um die Folgen der Krise einzudämmen. Doch bis jetzt gibt es nur viele Ankündigungen, aber keine Maßnahmen, die wir dringend bräuchten.

MM: Welche konkreten Vorschläge haben die Kulturverbände gemacht?

Pinya: Als Art Palma Contemporani haben wir zuallererst Soforthilfen gefordert, um den strukturellen Problemen, den laufenden Kosten, die Stirn bieten zu können. Wir haben Beispiele aus Andalusien, Madrid und Valencia angeführt, die man einfach kopieren könnte. Dort haben sie, was die Kunst betrifft, Sofortmaßnahmen in Höhe ab 500.000 Euro ergriffen. Aber hier gelingt es uns zu keiner Zeit zu erfahren, über welche Summe wir verfügen können und ob überhaupt ein Etat bereitsteht.

MM: Es scheint, dass die Kulturbranche noch nie so geballt Kritik geübt hat.

Pinya: Wir sind uns der schwierigen Situation und der vielen bedürftigen Menschen sehr wohl bewusst. Es ist nur so, dass es für die Kultur nie einen guten Zeitpunkt gibt. Vielleicht fehlt dazu einfach der Wille und nicht das Geld. Ein anderer Vorschlag von Art Palma war, dass die öffentlichen Institutionen wieder bedeutende Summen für den Erwerb von Kunst bereitstellen. Das Museum Es Baluard zum Beispiel hat schon seit einer Ewigkeit kein Kunstwerk mehr erworben. Wenn es einen Ankauf gab, war der nur symbolisch. Und von Kollegen aus Madrid oder Barcelona weiß ich, dass dort die institutionellen Käufe fließen. Doch auf unsere Vorschläge kommt nichts.

MM: Wie erklären Sie sich das?

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Pinya: Das fragen wir uns auch die ganze Zeit. Wenn einige Autonomien unverzüglich Maßnahmen durchgeführt haben, warum geht das dann nicht auf den Balearen? Wenn es nicht geht, dann sollen sie es sagen. Aber auf den fünf Sitzungen haben sie das nicht kommuniziert.

MM: Sondern?

Pinya: Sie weichen aus. Sie verweisen darauf, dass sie fünf Maßnahmen vorgeschlagen haben, aber das sind Maßnahmen, die es vorher schon gab, nur haben sie ihnen neue Namen gegeben. Da geht es um Subventionen und Angebote, für die du dich mit einem Projekt bewerben muss. Das sind aber keine Soforthilfen.

MM: Wie würden Sie die Stimmung in der Kulturbranche beschreiben?

Pinya: Es herrschen Enttäuschung und Überdruss. Das Problem ist, als was die Kultur empfunden wird. Der Diskurs wurde sehr popularisiert, da werden Dinge gesagt wie dass die Kultur nur etwas für reiche und mächtige Leute sei. Ich glaube, die Kultur ist sehr wichtig für die Bildung. Und ohne Bildung gibt es keine Zukunft. Das gerät zunehmend ins Abseits und man glaubt, man könne auf die Kultur verzichten. Wie gesagt, es gibt immer eine Entschuldigung, warum der Zeitpunkt für die Kultur gerade schlecht ist. Das erzeugt Frustration. Von der institutionellen Unterstützung der Galerien, wie es sie in anderen Autonomien gibt, sind wir auf den Balearen weit entfernt.

MM: Woran machen Sie das fest?

Pinya: Das fängt schon damit an, dass ein Künstler mallorquinisch oder balearisch sein muss, damit eine Institution überhaupt mal ein Werk kauft. Aber in der zeitgenössischen Kunst spielt es keine Rolle, ob ein Künstler aus Kastilien, England oder Zimbabwe stammt. Er soll etwas Frisches, Neues zu sagen haben und relevant sein. Natürlich muss man auch die Künstler hier unterstützen, aber mit Sinn und Verstand und nicht auf Kosten internationaler Künstler.

MM: Was sagen Sie Leuten, die sich beschweren, dass Sie nur Künstler von außen bringen?

Pinya: Es gibt hier kein hohes Bildungsniveau, kein universitäres Kunststudium als Wiege für Talente und Entwicklungen, kein starkes Museum sowie starke Institutionen und Kulturräume, auf die man sich berufen könnte. Wer etwas werden will, muss in Madrid oder Barcelona studieren. Oder im Ausland. Das heißt, schon der Ausgangspunkt ist nicht gegeben. Und wenn wir über eine bessere Ausstattung der Kulturszene sprechen, dann deshalb. Das ist jedoch nicht die Aufgabe von Art Palma. Natürlich können wir unser Unbehagen über die Situation bekunden. Aber das ist kein persönlicher, sondern ein gesellschaftlicher Kampf.