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Jamón Ibérico ist eine Delikatesse: Manche zählen die luftgetrockneten Schweinekeulen sogar zu den „vier Assen der Weltgastronomie". Die hochbezahlten Stücke stammen von freilaufenden Schweinen, die sich mit Eicheln ernähren - und sind keinesfalls mit gewöhnlichem Jamón Serrano zu verwechseln.

"Jamón, jamón" - auf Deutsch auch unter dem Titel „Lust auf Fleisch" bekannt, ist ein Kinofilm, in dem sich Penélope Cruz und Javier Bardem beim erotischen Spiel mit Klischees und Schinkenkeulen in einer bizarren, iberischen Steppenlandschaft 1992 ihre ersten Sporen verdient haben. Aber nicht nur die beiden Superstars und Regisseur Bigas Luna pflegen zu den Schinkenschlegeln („jamón") ein nahezu erotisches Verhältnis, sondern auch die spanischen Gourmets.

Die imposanten Fleischstücke werden mit der ganzen Schweinepfote bis zu 36 Monate an der Luft getrocknet und kosten im Handel oft über 100 Euro pro Kilo, wenn die reinrassigen Tiere vor der Schlachtung mit Eicheln ernährt wurden. Der echte „Jamón Ibérico de Bellota" (Eichelschinken), etwa mit Herkunftsbezeichnung aus Huelva, ist nicht mit dem gewöhnlichen Serrano- Schinken aus dem Supermarkt zu verwechseln und wird in Japan oder den USA sogar zu Preisen bis 500 Dollar gehandelt. Clevere Marketingstrategen wie Rafael Ansón von der Real Academia de la Gastronomía zählen den iberischen Schinken neben Kaviar, Foie-gras und Trüffeln gar zu den „vier Assen der Weltgastronomie". Ein Anspruch, mit dem der ebenfalls luftgetrocknete italienische Parma-Schinken oder gar die Räucherstücke aus dem Schwarzwald - beide traditionell ohne die rustikale Schweinepfote - nicht mithalten können.

Die Höhenflüge in der Champions-League der Schinkenproduktion beruhen allerdings nicht nur auf dem Doping mit Eicheln, sondern gehen teilweise auch Richtung Etikettenschwindel: „Es gibt ganz erhebliche Qualitätsunterschiede. Man darf sich nicht von der Bezeichnung der Ware täuschen lassen und sollte sich genau informieren", sagt jedenfalls Schinkenspezialist Virgili Izquierdo aus der Markthalle Santa Catalina in Palma. Verwirrend ist laut Experten vor allem der Begriff „Pata Negra" („schwarze Pfote"), der oft mit dem schwarzen iberischen Schwein gleichgesetzt wird, das als letztes freilaufendes Weideschwein Europas gilt. Auch Importware von vulgären Hausschweinen, die zufällig eine schwarze Pfote haben, wird jedoch manchmal als „Pata Negra" verkauft, während es andererseits durchaus hellere iberische Säue gibt.

Verlassen sollte man sich deswegen einzig und allein auf die geschützten Qualitätsbezeichnungen (siehe Mitte), die auch auf den Etiketten anzugeben sind. Ambesten schmeckt der spanische Schinken - egal ob Serrano oder Ibérico - nicht aus dem Kühlschrank, sondern bei 24 Grad Raumtemperatur. Wer eins der prächtigen Stücke als Souvenir mitnehmen will, sollte bedenken, dass dazu ein Schinkenbock („jamonera") und drei verschiedene Messer gehören. Das Schneiden ist nicht so einfach und wird sogar in Kursen gelehrt. Einmal angeschnitten, sollte ein Schinken in drei bis acht Tagen verbraucht werden.

Qualitätsunterschiede

Jamón Ibérico de Bellota ist ein Schinken von freilaufenden iberischen Schweinen, die zu 75 Prozent rasserein sind, und sich zu 40 Prozent von Eicheln („bellotas") ernährt haben.

Jamón Ibérico de Recebo garantiert für einen mindestens 30-prozentigen Eichelanteil bei der Mast.

Jamón Ibérico de Cebo stammt von iberischen Schweinen, die mit Getreide gefüttert wurden.

Jamón Serrano („Bergschinken") wird von anderen Schweinerassen geliefert und ist billiger.

Attribute wie „de Campo" haben wenig Aussagekraft.

Herkunftsbezeichnungen gelten als offizielles Gütesiegel. Es gibt die D.O. Huelva, Los Pedroches, Guijuelo, Dehesa de Extremadura sowie Barrancos, Letztere aus Portugal. Auf Mallorca gibt es wegen des warmen Klimas keine lokale Schinkenproduktion.