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Noch ist Gin Tonic auf Mallorca extrem beliebt, doch es gibt Hoffnung für alle, denen das Modegetränk in seinen immergleichen Variationen schon lang zum Hals heraushängt. Fortschrittliche Barkeeper in Europas Metropolen setzen neuerdings auf Sherry als Alternative zum eintönigen britischen Getreidedestillat mit seiner nachträglich hinzugefügten Wachol-dertönung und den vielen albernen "Botanicals", die sich geschmacklich manchmal kaum auseinanderhalten lassen.

"Aroma statt Spielereien" lautet die Devise bei Cocktailexperten wie Teresa Ripoll vom Restaurant Sa Xarxa in Colònia de Sant Pere. "Sherry eignet sich hervorragend zum Mischen mit anderen Bittergetränken wie Wermut oder Wodka", sagt die Barfrau, die für den Sommer eine Kombination namens "Sunset" kreiert hat. Neben Sherry enthält der Drink auch roten Martini der neuen Variante Rubino, etwas Zimtaroma, Cointreau-Likör und Orangen-Essenz. Mit dem bittersüßen Kontrast will sich die junge Frau nach einer guten Platzierung im Vorjahr erneut am offiziellen spanienweiten Martini-Wettbewerb beteiligen.

Ein Klassiker ist hingegen der "Flame of Love", bei dem man etwas Sherry ins Glas gibt, anschließend Orangenhaut darüber ausdrückt und deren aromatische Öle mit einem Feuerzeug entzündet, bevor man das Ganze mit Wodka auffüllt.

Interessant kann es laut Teresa Ripoll auch sein, den Gin in Cocktails wie dem Negroni (Gin, Wermut, Campari) einfach durch Sherry zu ersetzen: Der daraus entstehende "Sherony" komme beim Publikum in Barcelona in letzter Zeit ebenso gut an wie der Sherry-Mojito als Alternative zum simplen Rum-Aufguss.

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Will man den Sherry noch stärker zur Geltung kommen lassen, sollte man es einmal mit einem "Rebujito" probieren, wie man ihn in Andalusien kennt. Er besteht aus einem Drittel Sherry der herben Varianten "Fino" oder "Manzanilla" sowie zwei Dritteln Zitronenlimonade oder Tonic Water. "Ins Glas gebe ich auch frisch geschnittene Apfelscheiben, etwas Zuckerwasser und vor allem natürlich ganz viel Crushed Ice. Die Dekoration besteht aus Minzeblättern", sagt Paula Alba Astorga von der Bar Nicolás in Palma. Gefragt sei der Drink vor allem auf andalusischen Volksfesten wie der "Feria de Abril", die am 30. April in Sevilla beginnt und auch in Palma einen kleinen Ableger im Industriegebiet Son Rossinyol hat. Vom 28. April bis zum 7. Mai feiern dort Familien und junge Leute mit Pferden und Flamenco-Musik.

Der Vorteil des Rebujito: Mit 17 bis 20 Prozent Alkoholgehalt im Sherry geht die Mischung bei Weitem nicht so stark in den Kopf wie Gin Tonic mit mindestens 37,5 Volumenprozent im Schnapsanteil. Das hilft gerade an warmen Tagen, einen kühlen Kopf zu bewahren und ungestraft Verkehrskontrollen zu überstehen.

Ähnlich gestrickt ist übrigens der "Sherry-Cobbler" - im 19. Jahrhundert der wohl beliebteste Cocktail überhaupt. Er besteht zu einem Drittel aus Sherry, zu zwei Dritteln aus Sodawasser sowie Crushed Ice und Fruchtgarnitur. Eine eiskalte Verführung, die in gut geführten Bars auch heute wieder erhältlich ist.

Ein Hinweis für alle, die die Finger nicht vom geliebten Gin lassen wollen: Man kann ihn auch mit Sherry mischen. In den Tuxedo kommt eine Unze Sherry, zwei Unzen London Dry Gin und etwas Orangenbitter. Wer es einmal ganz ohne Kräuternoten kräftig und trocken mag, ist damit gut bedient.

(Aus MM 17/2017)