Orangen gelten auf der Insel als wichtiger Exportschlager. | Archiv

TW
0

Mit den ersten, frühlingshaften Sonnenstrahlen und bei milden Temperaturen durchströmt der Duft nach frischen Orangen die Straßen von Sóller. Die Ernte der Zitrusfrucht ist inselweit schon seit einigen Wochen in vollem Gange, derzeit ist die Saftorange Canoneta an der Reihe. In wenigen Tagen gibt es auf der Insel zudem ein besonderes Naturspektakel zu bestaunen: die Orangenblüte. Dann tragen die Bäume Früchte und Blüten gleichzeitig. Zum krönenden Abschluss der Erntesaison, die bis Ende April dauert, wird vom 29. bis 30. April die Fira de Taronja, das Orangenfest, in Sóller gefeiert. Im Rahmen der Festlichkeit bieten zahlreiche Restaurants und Cafés Degustationsmenüs an, bei denen sich alles um die saftige Frucht dreht.

Die Orangenblüte steht vor der Tür.

Doch die Landwirtse haben in diesem Jahr auch mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Aufgrund steigender Produktionskosten und niedriger Verkaufspreisen können viele Kleinbauern die laufenden Ausgaben kaum decken. Vor allem im Inselnorden, in der Gemeinde Muro, gibt es in diesem Jahr einige Probleme. Neben einem vermehrten Pilzbefall, der insbesondere die Zitrusfrüchte betrifft, macht den Kleinbauern auch Ungeziefer wie die „mosca mediterránea” (Ceratitis capitata) zu schaffen,.

David Augustín, ein Kleinbauer aus Muro, berichtet, dass er in diesem Jahr allein rund 400 Euro in Pflanzenschutzmittel investiert hat. „Um die Orangen kultivieren zu können, müssen die Früchte permanent mit einer entsprechenden Substanz behandelt werden”, so Augustín. Der Mallorquiner arbeitet af der Finca Es Mollà. Auf seinem Grundstück befinden sich etwa 800 Bäume.

Der Kleinbauer Jaume Munar aus Muro, musste in diesem Jahr ebenfalls tiefer in die Tasche greifen, um seine Ernte mit Pflanzenschutzmitteln zu retten. Er betreibt die Finca Biniaco. Dort pflanzt er neben Orangen noch Zitronen, Mandarinen und Grapefruits an. Er wie auch sein Kollege Augustín nennen die hohen Kosten als Grund, dass sich einige Plantagen in Muro in einem schlechten Zustand befinden, weil sie nicht mehr ordentlich gepflegt werden können.

Landwirt Jaume Amer baut überwiegend Zitronen in der Gegend an. Auch er kritisiert die gestiegenen Ausgaben. „Der Preis für Baumdünger liegt bereits bei einem Euro pro Kilo. Das ist viel Geld.”

Ähnliche Nachrichten

In Sóller gibt es hingegen weniger Probleme mit Insekten und Pilzbefall. Doch auch hier sind die Produktionspreise gestiegen. Das kann die schottische Farmerin Lisa Stodart bestätigen. Seit 16 Jahren lebt sie auf einer Finca in Biniraix und hat sich mit ihrem Projekt Huerto Workers zur Aufgabe gemacht, kleine landwirtschaftliche Betriebe bei der Ernte zu unterstützen. „Die Preise haben wegen des Ukraine-Kriegs merklich angezogen. Der Befall von Ungeziefer ist aber bei uns ähnlich wie in den Jahren zuvor. Wir schützen unsere Früchte mit einem organischen Öl dagegen.” Im Verkaufspreis macht sie ein weiteres Problem aus. „Für die aus Sóller stammende Saftorange Canoneta liegt der Kilopreis in diesem Jahr zwischen 40 und 55 Cent. Das ist einfach zu wenig.”

Franz Kraus, Unternehmer und Gründer des Delikatessenhandels Fet a Sóller gibt zu bedenken, dass die Umstände in Muro und Sóller keineswegs miteinander vergleichbar sind. „In Muro überwiegen große Plantagen mit Monokulturen, die anfälliger für Insekten und Pilzbefall sind, in Sóller dagegen haben wir ausschließlich kleinere Plantagen mit Mischkulturen. Durch die Bepflanzung von anderen Bäumen, kommen diese Probleme hier im Nordwesten seltener vor.

Kraus rechnet damit, dass spätestens Ende kommender Woche die Orangenblüte durchkommt und das Ende der Erntesaison einläutet. „Die Blüte hängt mit den Mondphasen zusammen. Sie gibt zudem einen ersten Hinweis auf den Ertrag des nächsten Jahres.

Allerdings sind weitere Faktoren für eine erfolgreiche Ernte wichtig, zum Beispiel ausreichender Niederschlag.” Zwar seien die Regenfälle und der Schnee Ende Februar sehr gut für den Boden gewesen, doch gebe es immer noch zu wenig Grundwasser. „Es muss also im Mai und Juni noch einmal regnen”, so Kraus.

Trotz Klimawandel, Ukraine-Krieg und erhöhter Preise rechnet Kraus dennoch mit einer guten Orangensaison. „Die Nachfrage nach Zitrusfrüchten ist auf jeden Fall da.” Wer zufällig in dem Ort unterwegs ist, sollte also unbedingt einen frisch gepressten „Zumo de naranja” bestellen.