Zuerst kommt das Surren. Kein Dröhnen, kein Röhren, nur ein sanftes, fast höfliches Brummen, als würde das Boot fragen: "Sind Sie bereit?" Man ist es nicht. Dann plötzlich: ein Ruck, ein Schub, ein Wumms, wie ihn sonst nur der Steuerknüppel eines Starfighters entfesselt. Das Powerboot zischt aus der Boxengasse von Puerto Portals auf Mallorca in Richtung offene See, zieht Schaumstreifen über das azurblaue Wasser wie ein Messer durch Schlagsahne – lautlos, gnadenlos, herrlich.
Die "Frauscher & Porsche Fantom Air 850" ist ein E-Boot mit Stil, Speed – und einem gewissen Größenwahn. 544 Pferdestärken aus einem Porsche-Elektroherz treiben das 8,5-Meter-Schiff an, das aussieht wie die Kreuzung eines Designstudios aus Mailand mit einem Windkanal in Stuttgart. Der Motor stammt direkt aus dem neuen Porsche Macan Turbo, wurde für den Bootsbetrieb aber "gedrosselt" – was immer noch für bis zu 85 km/h auf dem Wasser reicht. "Das genügt, um eine Limette aus einem Gin Tonic zu schleudern", sagt Georg Frauscher trocken. Man glaubt es sofort.
Die Hightech-Zelle im Herzen des Bootes besteht aus einer 100 kWh Lithium-Ionen-Batterie, verbunden mit einer 800-Volt-Architektur. Das bedeutet: Schnellladen geht auch auf dem Wasser – falls man unterwegs ein E-Kabel findet. Die Reichweite? "Rund 45 Kilometer bei optimaler Gleitfahrt", sagt Frauscher. Oder wie Eigner vermutlich sagen: einmal Es Trenc und zurück, ohne dass die Champagnerkühlung versagt.
Kabine wie das Cockpit eines 911er
Innen ist das Boot ein Designertraum auf Valium. Porsche-Lenkrad, klassische Rundinstrumente, fein bestickte Sitze mit Wappen. Alles edel, alles durchdacht – bis zur kleinsten Pepitas-Naht in der Kabine. "Das soll wie das Cockpit eines Porsche wirken", sagt Georg Frauscher. Und tatsächlich: Man erwartet fast, dass gleich die Warnleuchte für den Reifendruck aufblinkt.
Die Navigation ist so simpel wie das Interface eines iPhones in den Händen eines Dreijährigen. Lenkrad, Gashebel, Lichtknopf – fertig. Vier Fahrmodi hat die E-Fantom im Angebot: Dock für Hafenmanöver, Range für Rentner, Sport für die Schwiegermutter – und Sport Plus für alle, die sich ihrer Frisur allzu sicher sind.
Das Cockpitdesign stammt wie das E-Aggregat von Porsche.
Das Familienunternehmen Frauscher selbst, 98 Jahre alt und seit 15 Jahren auf Mallorca, ist mit seiner Bootswerft inzwischen fest verwurzelt zwischen Port Adriano und Puerto Portals. Warum der neue Standort? "Wegen der coolen Restaurants", sagt Georg Frauscher – und meint es ernst. "Hier ist mehr Leben, mehr Flair, einfach mehr Mallorca." Die Kunden, meist zwischen 40 und 60, deutschsprachig, gut situiert, aber nicht übertrieben versnobt, wollen vor allem eines: aufs Boot steigen, Schlüssel drehen – losfahren. Um alles andere kümmert sich das Team: Putzdienst, Technikcheck, Ersatzprosecco.
Die Boote seien wie ihre Besitzer: "Sehr gepflegt, ein bisschen eitel, aber absolut zuverlässig", sagt Frauscher und grinst. Und wenn ein Boot doch mal kränkelt? "Dann holen wir es, pflegen es, wiegen es in den Schlaf – und bringen es zurück, besser als vorher." Das sei Frauschers Verständnis von Customer Care. Und es klingt, als bekäme man beim Kauf eines Bootes auch gleich eine Ersatzmutter dazu.
So kam die Kooperation zustande
Der Clou bei Porsche kam übrigens nicht von den Österreichern, sondern aus Zuffenhausen. "Porsche ist vor drei Jahren zu uns gekommen und wollte den E-Macan-Motor ins Wasser bringen", erinnert sich Frauscher. Das Ergebnis wurde dem Vorstand vorgeführt – und dieser sei, O-Ton Frauscher, "sofort Feuer und Flamme" gewesen. Man habe kurzerhand 25 Boote in Auftrag gegeben. Roadshow inklusive: Nach Mallorca geht’s weiter nach Monaco und Venedig. Kein schlechter Tourplan für eine Batterie mit Steuerbord.
Aber was ist es nun, dieses Porsche-Boot? Ein Spielzeug für reiche Jungs mit Führerschein? Ein Symbol für die Versöhnung von Verbrennervergangenheit und E-Zukunft? Ein Wasserfahrzeug für alle, die beim Sonnenbaden auf dem Achterdeck noch die Lenkstabilität eines SUV spüren wollen?
"Es ist ein Daycruiser", sagt Frauscher schlicht. Man fahre raus, ankere in einer schönen Bucht, grille ein paar Garnelen, lasse die Seele baumeln und abends gehe es wieder zurück. Und wer mehr Abenteuer will, fährt eben mit 25 Knoten rüber nach Ibiza – zweieinhalb Stunden, sagt Frauscher. Zwei Tage bleiben, dann zurück. Auch das geht. Auch das kann das Boot.
Rund 700.000 Euro kostet die E-Fantom in Vollausstattung. Dafür bekommt man keine Kabine mit Whirlpool, aber ein flüsterleises Supersport-Erlebnis, bei dem die Möwen neidisch gucken. Und den Nachbarn im Hafen auf der Flybridge plötzlich der Schampus nicht mehr schmecken will.
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