Honigproduktion auf Mallorca: Eine Deutsche und ein Spanier wollen eine alte Tradition zu neuem Leben erwecken
Als jede Familie noch eigene Bienen hatte ... Das ist das Motto, zu dem die Aktivisten zurückkehren wollen – zum Schutz der Natur und der Erzeugung von Obst und Gemüse
Die Bienenvölker auf Mallorca und anderswo sind in ihrem Bestand bedroht. Imker versuchen daher verstärkt Bienenköniginnen aufzuziehen | Foto: Abella i Flor
Die Imkerei auf Mallorca blickt auf eine über 2000 Jahre lange Geschichte zurück, die weit vor die Zeit der maurischen Besiedlung reicht. Bereits damals war die Bienenzucht ein integraler Bestandteil des ländlichen Lebens. Im 19. Jahrhundert trug Erzherzog Ludwig Salvator maßgeblich zur Modernisierung der Imkerei auf der Insel bei und gilt seither als Vater der modernen mallorquinischen Bienenzucht.
Noch in den 1920er Jahren war es üblich, dass nahezu jede Familie auf Mallorca eigene Bienenstöcke besaß, oft auf den Dächern ihrer Häuser. Mit dem Aufkommen des Massentourismus in den 1960er Jahren und dem Wandel hin zu regulären Beschäftigungen – weg von der Selbstversorgung – ging diese Tradition jedoch sukzessive zurück. Der hohe Aufwand der Imkerei und die Verfügbarkeit von preisgünstigem Honig im Supermarkt trugen ebenfalls zu diesem Rückgang bei.
Heute gibt es auf Mallorca etwa 10.000 Bienenvölker, betreut von einer kleinen Anzahl professioneller Imker. Experten schätzen jedoch, dass für eine optimale Bestäubung der landwirtschaftlichen Flächen, insbesondere der Mandelbaumplantagen, etwa zehnmal so viele Bienenvölker erforderlich wären. So sieht es auch das Balearische Institut für Bienenzucht (Instituto Balear de l’Abella, IBA) mit Sitz in Son Macià – und das ist kein Wunder, denn der langjährige Imker Jaume Pou war aktiv an der Gründung des Instituts beteiligt. Pou ist ebenfalls im Bauernverband aktiv (Unió de Pagesos) und kennt sich sowohl mit landwirtschaftlichen als auch mit imkerlichen Belangen aus. Er weiß, dass dieses Defizit direkte Auswirkungen auf die Landwirtschaft und die Biodiversität der Insel hat.
Alexandra Petzold und Jaume Pou bei der Pflege ihrer Bienenstöcke. Foto: Abella i Flor
Inmitten dieser Herausforderungen engagiert er sich daher für das Projekt Abella i Flor, das er gemeinsam mit Alexandra Petzold gegründet hat. Seit über 15 Jahren sind die beiden in der Imkerei tätig. Mit über 30 Partnern auf der Insel setzen sie sich für die Erhaltung und Förderung der Bienenpopulation auf Mallorca ein. Ihr Ansatz umfasst die ökologische Imkerei, künstliche Besamung, Reproduktion sowie Gesundheits- und Ernährungsprogramme für Bienen. Ein besonderes Anliegen des Projekts ist es, die Tradition der privaten Bienenhaltung wiederzubeleben. Interessierte können ihr Land zur Verfügung stellen und erhalten im Gegenzug einen Teil des produzierten Honigs. So wird die Bienenhaltung dezentralisiert und die Bienenpopulation auf der Insel gestärkt.
Ohne Bienen keine Bestäubung
Die Bedeutung der Bienen für das Ökosystem und die Landwirtschaft Mallorcas kann nicht genug betont werden. Sie bestäuben rund 60 Prozent unseres Obst- und Gemüseangebots und sind damit nicht nur ein ökologischer, sondern auch ein ökonomischer Faktor. Der geschätzte Wert dieses Bestäubungsdienstes beträgt weltweit rund 153 Milliarden Euro pro Jahr, was gut zehn Prozent des Gesamtwertes der landwirtschaftlichen Nahrungsmittelproduktion entspricht. Dennoch sind Bienen vom Aussterben bedroht. Die Gründe dafür sind vielfältig und komplex: Abholzung, Niederschlagsmangel, Pestizide, Verlust von Nistplätzen, unzureichende Pflanzenwelt und Krankheiten.
„Es ist erschreckend zu hören, dass rund 95 Prozent des Honigs auf Mallorca importiert ist”, findet Jaume Pou. Denn es zeigt einerseits, wie abhängig die Insel von Importen ist, andererseits aber auch, wie viel Potenzial es noch gibt. Traditionelle Gerichte wie Sobrassada mit Honig oder Bunyols (Kartoffelkrapfen) sollten doch auch mit regionalem Honig genossen werden, findet er. Ebenso geht das uralte Wissen um den Frühlingshonig, der besonders bei Halsschmerzen als entzündungshemmendes Heilmittel galt, allmählich verloren – ein echter Verlust.
„Initiativen wie Abella i Flor sind daher essenziell – nicht nur, um die Biodiversität der Insel zu erhalten und die landwirtschaftliche Produktivität sicherzustellen”, erklärt Alexandra Petzold. Durch das Engagement solcher Projekte und die Unterstützung der Gemeinschaft kann ein nachhaltiger Weg für die Zukunft der Honigproduktion auf Mallorca geebnet werden. „Gleichzeitig”, betont sie, „bleibt wertvolles naturheilkundliches Wissen erhalten.”
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