Was der König kann, schafft auch der Kanzler: sich ungestört von
Neugierigen in einem Café in Palmas Altstadt niederlassen. So
geschehen am Donnerstag: Bundeskanzler Gerhard Schröder flanierte
mit Ehefrau Doris und Tochter Klara durch Palma, setzte sich
zusammen mit dem deutschen Konsul auf Mallorca, Peter-Christian
Haucke, auf die Plaça de la Lonja in ein Terrassencafé.
So viel Volksnähe hätte man dem Kanzler einen Tag vorher noch
nicht zugetraut: Er wolle die Schönheit Mallorcas ganz ungestört
genießen, hatte Schröder verkündet. Bei der Ankunft auf Mallorca
gab er sich gänzlich unnahbar. Dabei war sein ,,Geheimurlaub" auf
Mallorca deutschen Zeitungen schon vor Wochen eine Schlagzeile
wert, und auf ein Foto des ,,ersten deutschen Urlaubers", wie eine
mallorquinische Tageszeitung titelte, wollten die einheimischen
Medien nicht verzichten.
Als der Bundeskanzler nach einem anstrengenden Morgen auf der
Expo in Hannover, wo er an einer Trauerfeier für die Opfer des
Concorde-Absturzes teilgenommen hatte, mit einer Maschine der
Luftwaffe Richtung Mallorca düste, standen rund 20 Fotografen,
Kameraleute und Reporter am Ausgang des Militärflughafens zum
Schnappschuss bereit.
Irgendwo war durchgesickert, wann und wie Schröder, seine
Ehefrau Doris Schröder-Köpf und ihre zehnjährige Tochter Klara
landen würden: sie mit Kind mit einem Flug der Condor auf dem
Flughafen Son Sant Joan, er mit einem Flugzeug der deutschen
Luftwaffe auf dem Militärflughafen. Frage für die Fotografen war
nur: Wo werden die Schröders das Fluggelände verlassen?
Die Militärs am Portal schwiegen hartnäckig, versuchten die
Paparazzi zu verscheuchen, verwiesen sie zumindest einige hundert
Meter hinter eine imaginäre Grenze zurück. Was eingefleischte
Promi-Reporter wie Pedro Prieto (Ultima Hora) verblüffte: ,,Wir
stehen hier schon seit 20 Jahren. Das ist das erste Mal, dass das
nicht erlaubt sein soll.” Überhaupt: Die Deutschen hätten offenbar
ein ausgeprägteres Bedürfnis für Intimsphäre als die Spanier,
stellte er fest.
Dass ein deutscher Bundeskanzler nicht damit rechnen könne, von
den Medien unbeachtet zu bleiben, wenn er ausgerechnet auf der
Medien-Insel Mallorca Urlaub mache, darin waren sich die Fernseh–
und Zeitungsleute einig. ,,Wenn Schröder schlau wäre, würde er uns
schnell drei, vier Fotos machen lassen. Vorher hat er sowieso keine
Ruhe”, sagte einer.
So setzte die Presse-Meute zur Verfolgung an, nachdem Schröder
und Familie in Begleitung mehrerer Fahrzeuge aus dem Militärgelände
ausfuhren. Jetzt galt es herauszufinden, in welcher Finca der
Bundeskanzler seinen Sommerurlaub bis Mitte August verbringen wird.
Die Wagenkolonne setzte sich Richtung Palma in Bewegung, auf der
Via Cintura hatte sich das Verfolgerfeld schon ausgedünnt. Und eine
halbe Stunde später hatten die meisten bereits aufgegeben – vom
,,Zielobjekt” keine Spur.
Aber nicht alle gaben auf. Am Abend war den Hartnäckigsten
bekannt, wo der Kanzler untergekommen ist: in einer Finca mit Pool
und Tennisplatz nördlich von Palma. Nun fuhren einige harte
Geschütze auf: Eine Tageszeitung ließ einen Hubschrauber über das
Gelände fliegen, um Fotos zu schießen. Ein Film, auf dem der
Kanzler vom Boden aus auf der Straße vor seinem Ferienhaus
aufgenommen wurde, wurde zunächst von der Polizei beschlagnahmt,
dann aber wieder herausgegeben.
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