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Christoph Daum befindet sich in guter Gesellschaft. Nicht nur auf Mallorca ärgern sich Dutzende Menschen über einen gewissen Jochen Kress. Der Makler war ein klassischer Vertreter der Mallorca-Society, der mit weißem Bentley, viel Charme, losen Versprechungen und großem Auftreten Bekannten Geld aus der Tasche lockte.

Jedoch sind im Falle des Fußball-Bundestrainers in spe die Rollen vertauscht: Während alle anderen von dem wegen Steuerhinterziehung in Landsberg inhaftierten Unternehmer Geld zu bekommen haben, fordert Kress von Daum vier Millionen Mark in Zusammenhang mit einem Immobilien-Geschäft auf Mallorca, die er gegen den Trainer zivilrechtlich einklagen lassen will.

Seine Anzeige gegen Daum kam Ende September zusammen mit Gerüchten über Kontakte ins Rotlicht-Milieu und über Kokain-Konsum. Besonders lautstark forderte Bayern Münchens Manager Uli Hoeneß Aufklärung.

Daum selbst will seine Unschuld mit einem Haar-Test nachweisen. Er habe niemals Drogen konsumiert. Fällt der Test zu Daums Gunsten aus, hält Hoeneß noch immer die Mallorca-Front offen: Die sich um Daums Mallorca-Investition rankenden Schwarzgeld-Gerüchte und Betrugs-Vorwürfe müssten ,,aus der Welt”, so der Bayer, sonst sei Daum als Bundestrainer nicht tragbar.

Offiziell fordert Kress, der Ex-Ehemann von Daums Lebensgefährtin Angelica Camm, das Geld als Gewinnbeteiligung von einem Drittel aus dem Verkauf der Appartement-Anlage ,,Sea Green” in Cala Bona an der Ostküste Mallorcas. Wie Kress' Rechtsanwalt gegenüber MM sagte, stützt sich diese Forderung auf eine mündliche Vereinbarung, die Daum, sein Partner Rolf Lövenich und Jochen Kress 1997 im Hotel Valparaiso Palace in Palma getroffen hätten.

Belege scheint es nicht zu geben: ,,Kress hat nie etwas schriftlich gemacht”, sagt einer, der ihn kennt. Nicht unüblich auf Mallorca.
Daum weist alle ,,Behauptungen” zurück: ,,Es gab keine geschäftlichen Verbindungen zu Jochen Kress”, so Daum am Mittwoch zu MM. Dabei hatte er selbst 1998 gesagt, Kress habe ihn auf die Anlage gestoßen. Jetzt wird betont, beim Ausflug an die Ostküste seien auch Daum, Lövenich und Camm dabeigewesen. Wer welchen Dienst leistete, ist im Mallorca-typischen Mix aus Business und Freundschaft kaum nachvollziehbar.

Nach MM-Informationen hat Kress auch andere Motivationen, an Daum Forderungen zu stellen: Er verlangt von seinem Nachfolger an der Seite der Musical-Sängerin Camm Geld, das er nach der Hochzeit 1994 in die Karriere seiner Ehefrau investiert hat: Garderobe, teure Autos, Plattenproduktionen, Kontakte ins Show-Business. Damals war Kress gefeierter Geschäftsmann in der Münchner Society, residierte in einer Villa am Starnberger See und leitete die Geschicke des FC Starnberg.

Zuvor, Anfang der 90er Jahre, hatte Kress in Berlin Immobilien-Fonds verkauft und dabei Millionen verdient. Offenbar nicht immer ganz sauber, denn die versprochenen Renditen aus diesen Steuerspar-Modellen haben sich nicht realisieren lassen. Eine Gruppe von Geschädigten, darunter der TV-Moderator Peter Bond und der Schlagersänger Jürgen Drews, erheben Betrugs-Vorwürfe. Wie ihr Anwalt sagte, sei Kress in diesem Fall aber sehr kooperationsbereit. Er wolle helfen, den Initiatoren und der beteiligten Bank betrügerisches Handeln nachzuweisen.

Seit Anfang der 90er Jahre besaß der allgemein als ,,brillianter Verkäufer” und ,,charmanter Mann” bezeichnete Kress auch ein Haus in Santa Ponça. Nach Mallorca zog er sich auch zurück, als ihm in Deutschland Steuerfahndung und Gläubiger auf den Pelz rückten.

Auf der Insel ging er weiter seinen Geschäften nach, hatte ein Büro in einem Atico in Palma und lebte nach der Trennung von Angelica Camm in einer Finca in Portol. Im Edel-Bordell ,,Don Angelo” in Porto Pi war Jochen Kress ein guter Kunde. Die Masche in seiner Mallorca-Zeit war immer die gleiche. Er erwarb Optionen auf Grundstücke, mit diesen Zusagen auf künftige Gewinne brachte er zahlreiche Bekannte dazu, ihm immer wieder Geld zu leihen. Mal waren es 160.000 Mark, mal 25.000 Mark, mal 300.000 Pesetas. Gesundes Misstrauen war offenbar unter Mallorcas Sonne verschwunden.

Eine Maklerin erzählt, ihr habe Kress einmal ein Projekt für ein Büro-Center in Palma vorgeschlagen. Als sie einen möglichen Investor gebracht hätte, habe Kress nicht einmal Pläne für das Projekt zeigen können. Für ein Grundstück in Santa Ponça, das Kress vermittelt hatte, zahlte eine Kundin aus dem Saarland 40 Millionen Pesetas an, weder die Immobilie noch das Geld hat sie jemals bekommen.

Dennoch war Kress oft klamm. ,,Er hatte nicht mal Geld, den Gärtner zu bezahlen”, so ein Bekannter zu MM. Kress wurde im April 1997 in Santa Ponça festgenommen und saß bis Juli 1997 wegen Steuerhinterziehung in Haft. Er kam gegen Kaution frei, das Geld hat offenbar ein Gönner aus Santa Ponça aufgebracht, seiner Frau Angelica zuliebe. Auch Christoph Daum hat später aus Liebe zu Angelica Camm eine Bankbürgschaft für Kress gestellt und ihm Geld geliehen. Als Gegenleistung sollte Kress sich später auf der Baustelle nützlich machen und versuchen, Wohnungen zu verkaufen. ,,Sonst hätten wir doch unser Geld nie wiederbekommen”, sagt Daum-Partner Lövenich, der die Geschäfte der gemeinsamen Firma Dalokama alleine führt. Kress sei aber immer betrunken gewesen und habe auch keine Wohnung verkauft. Als Kress mit seinen Steuer-Nachzahlungen nicht mehr nachkam, wurde er im Februar 2000 erneut festgenommen.

Neben Kress' Forderungen droht Daum und seiner Firma weiteres Ungemach. Der Münchner Immobilienmakler Michael Waldmann hat sie wegen Betrugs und Steuerhinterziehung angezeigt. Interessenten an ,,Sea Green”-Appartements, noch sind zwölf Wohnungen zu haben, sei von Mitarbeitern der Vertriebsfirma Bauconsult aus Köln offen angeboten worden, einen Teil des Preises schwarz zu bezahlen. Wobei Schwarzgeld bei Immobiliengeschäften auf der Insel zwar illegal, aber üblich ist.
Außerdem seien die im Verkaufsprospekt gemachten Angaben betrügerisch: ,,Die erzählen, Cala Bona sei eine Top-Lage”, sagte Waldmann, ein guter Bekannter von Kress und seiner Ex-Geliebten Monika von Quernheim.

Deutsche Zeitungen hatten berichtet, Daum wolle seine Firma von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft durchleuchten lassen, einem ,,Haartest für die Firma” zustimmen. Lövenich lehnte das gegenüber MM jedoch ab.

Gerichtsnotorisch ist bisher aber nur ein Vorgang um den Sea-Green-Kauf Anfang 1998. Der Makler Jaime Fernández fordert von Daum eine Provision von 380.000 Mark, weil er die Verkaufsverhandlungen mit dem Besitzer, einer Immobilientocher der Bank Banesto, geführt habe. Er habe den Kontakt hergestellt, den Preis von 15 auf 11 Millionen gedrückt und sei auch bei einem Verkaufsgespräch in Madrid dabei gewesen, sagt Fernando Cobian, der mit Fernández zusammenarbeitet. Banesto habe ihnen als Verkäuferanteil der Provison auch schon 1'2 Prozent oder 12'8 Millionen Pesetas (150.000 Mark) bezahlt.

Dass die Bank die Vermittler bezahlt habe, bestreitet auch Lövenich nicht. Er könne sich aber nicht erklären, wofür. Angelica Camm sagte, sie habe den ihr bekannten Fernández nur gebeten, ein Telefonat mit Madrid zu führen. Die Verhandlungen haben sie und der Palmesaner Anwalt Pedro Pablo Marrero Henning geführt. Eine Provision habe der Jurist, in dessen Kanzlei sich der Sitz der Daum-Firma befindet, nicht bekommen. Der Anwalt sagte zu MM, seine Leistungen seien technischer Natur gewesen. Wenn der Anwalt nichts bekommen hat, bleibt die Frage, wem denn nun die halbe Million Mark zusteht, die solche Dienste bei einem Geschäft dieser Größenordnung üblicherweise kosten. Ein Urteil in diesem Streitfall soll bald ergehen.