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Mallorcas Bauern geht es schlecht - jedenfalls denen, die den Lebensunterhalt ihrer Familien wirklich dem Land abringen müssen. Ihre Einnahmen sind die niedrigsten in Spanien. Die Krise begann nicht erst, seit extreme Dürre, gestiegene Dieselpreise und zuletzt die Schafseuche ,,Blauzungenkrankheit" die Landleute zu Protesten auf die Straßen treibt.

,,Die Landwirtschaft auf Mallorca ist schon seit Jahren in Gefahr", sagt Joan Más vom Kleinbauernverband Unió de Pagesos (UP). Von dem Wohlstand aus dem Tourismus habe die Bauernschaft kaum profitiert, wenige Hotels bringen heimische Produkte auf den Tisch. ,,Wenn jetzt keine Hilfe kommt, stirbt der ganze Sektor", sekundiert Gabriel Company, der neue Generalsekretär der Konkurrenzorganisation Ajasa (trat an die Stelle der FAGB, die vor allem größere Landbesitzer und Agro-Industrielle vertritt).

Schon heute hängen die Landwirte Mallorcas wie ihre Kollegen überall in Europa am Subventionstropf: Insgesamt wurden nach Daten des balearischen Landwirtschaftsministeriums die 17.300 registrierten Betriebe der Balearen zwischen 1996 und 1999 mit 17'5 Milliarden Pesetas (206 Mio. Mark) aus den Kassen der Europäischen Union und der Balearenregierung gepäppelt. Den Abwärtstrend konnte dieses Geld allenfalls bremsen, aber nicht stoppen. Noch 1960 arbeitete jeder dritte Mallorquiner in der Landwirtschaft. Dann kam der Touristenboom. Vor allem Tagelöhner, Knechte und Mägde tauschten gerne die Schufterei auf der Scholle gegen einen Job im Hotel oder auf dem Bau.

Heute steuert die Agrikultur nur noch 1'5 Prozent zur Wirtschaftsleistung bei. Dabei gibt es durchaus rentable Kulturen: Sa Pobla exportiert erfolgreich Kartoffeln nach England, der Weinbau gedeiht. ,,Überall, wo die Kommerzialisierung in den Händen der Bauern liegt, läuft es einigermaßen", sagt Kleinbauernvertreter Más. Bei Getreide oder Milch liege die Vermarktung aber bei Monopolisten. Es gebe auch positive Tendenzen, betont Más: Die Werbung unter dem Label ,,Producte Balear" sei ein Fortschritt, für Mandeln wird es demnächst ein eigenes Markenzeichen geben, die unverkäuflichen Orangen werden in Llucmajor zu Limonade verarbeitet.

Auch der Gemüseanbau auf den Fincas rund um Manacor lohnt sich. Hier ruht die Ernte und auch die Arbeit rund ums Jahr auf den Schultern meist marokkanischer Einwanderer. 200 Legale kommen pro Saison, sagt Mustafa Boulharrak von der Gewerkschaft Comisiones Obreras (CC.OO.). 700 Marokkaner stammen aus dem Ort Nador in der Nähe der spanischen Exklave Melilla. Erst allmählich tauchen für die Erntekampagnen auch Polen oder Tschechen auf, die sich für den tarifvertraglich garantierten Mindestlohn von 614 Pesetas (7'20 Mark) pro Stunde verdingen.

Das Fehlen von bezahlbaren Arbeitskräften ist das größte Problem für Mallorcas Landwirte. Denn auf dem Bau verdient ein ,,Peón" erheblich mehr und im Tourismus ist die Plackerei meist weniger aufreiben. Wo mechanisiert werden kann, wie bei der Weinlese oder der Kartoffelernte, übernehmen Maschinen. Aber auch die Bauernschaft selbst ist überaltert. Nur wenige Junge wollen die Höfe übernehmen. Viele Alte tun sich mit Innovationen schwer.

Auch wenn die Wirtschaft lange nicht mehr vom Ertrag des Landes abhängt, bewegt die Lage der Bauern doch viele Mallorquiner stark. Und zwar nicht nur, weil sich Touristen auch noch in Zukunft an der Mandelblüte erfreuen sollen. Oder weil die Krise des ländlichen Raumes den viel kritisierten Verkauf von Fincas an Ausländer befördert. Die Insulaner waren jahrhundertelang ein Bauernvolk, das mit dem Rücken zum Meer lebte.

Der Anthropologe Alejandro Miquel Novajra von der Universität der Balearen hat in vielen Interviews für seine Studie ,,El campo en la cabeza” (Das Land im Kopf) dem Wesen der Insulaner nachgespürt: Und auch heute noch sind der Konsum von ,,authentischen” Produkten der Insel, die harte Arbeit auf dem Acker und die Schönheit der gepflegten Kulturlandschaft für viele Mallorquiner wichtige Bausteine für ihre Identität.