Es hätte so schön sein können: Iris Felsecker (32) hatte sich
nach der Trennung von ihrem Mann wieder verliebt und war schwanger
geworden. Ihr spanischer Freund und sie beschlossen, zusammen mit
dem Baby und ihren beiden Kindern (10 und 11) in eine große Wohnung
in Port d'Andratx zu ziehen. Doch dann kam für die Österreicherin
ein Schock nach dem anderen. Einen Monat vor der Geburt der kleinen
Jasmin sei ihr Freund auf Nimmerwiedersehen verschwunden. ,,Er hat
sogar noch die restliche Barschaft mitgenommen.” Nicht genug damit:
Eine Woche nach der Geburt der Tochter bemerkt Iris Felsecker, dass
mit einem Bein des Babys etwas nicht in Ordnung ist. Die Ärzte
diagnostizieren eine Pseudoarthrose – ein gebrochenes Bein, das auf
eine Art Knochenschwund zurückzuführen sei. Vor gut fünf Wochen
dann weitere Komplikationen: Die Mutter stellt beim Säugling eine
Verhärtung am Nabel fest. Als der Knoten wächst, geht sie zum Arzt,
der einen zehn mal sieben Zentimeter großen Tumor festgestellt:
Krebs.
Seither verbringt Iris Felsecker die meiste Zeit im Krankenhaus
Son Dureta, wo sich Tumorspezialisten um krebskranke Kinder
kümmern. ,,Es folgte Untersuchung auf Untersuchung, wir haben
sämtliche Stationen durchlaufen. Am 2. November begann die
Chemotherapie. Die soll so lange fortgesetzt werden, bis das
mittlerweile auf 12'5 auf 7'5 Zentimeter angewachsene Geschwür so
weit geschrumpft ist, dass es operativ entfernt werden kann. ,,Wie
groß die Heilungschancen sind, kann keiner sagen.” Zur Angst um das
Baby kommen zunehmend finanzielle und organisatorische Probleme –
und ein schlechtes Gewissen gegenüber ihren größeren Kindern, die
unter der permanenten Abwesenheit der Mutter zu leiden haben.
Die Erkrankung von Iris Felseckers Tochter Jasmin ist leider
kein Einzelfall. ,,Jedes Jahr gibt es auf den Balearen im Schnitt
rund 30 neue Krebserkrankungen bei Kindern”, sagt Eulalia Rubio
Mesquida. Sie stand vor 14 Jahren vor einem ähnlichen Problem wie
Iris Felsecker: Ihre dreijährige Tochter erkrankte an Krebs. Damals
gründete die Mallorquinerin Aspranob (Associació de pares de nins
amb càncer de Balears), ein Verein von Eltern, deren Kinder an
Krebs erkrankt sind.
,,Wenn ein Kind Krebs hat, geht es der ganzen Familie schlecht”,
sagt Eulalia Rubio Mesquida, die heute Geschäftsführerin des
Vereins ist. In den allermeisten Fällen treten finanzielle Probleme
auf, weil mindestens ein Elternteil seinen Job für Jahre an den
Nagel hängen muss. Für Menschen von den anderen Balearen-Inseln,
deren Kinder im Krankenhaus Son Dureta behandelt werden, sei es
besonders schlimm und teuer, weil sie fernab der restlichen Familie
mit ihren Problemen fertig werden müssen und oft kein Geld da ist,
um monate– oder jahrelang im Hotel zu wohnen oder eine zweite
Wohnung zu mieten.
Auch Alleinerziehende trifft es besonders hart. Eigentlich hätte
Iris Felsecker im November einen neuen Job in der Gastronomie
antreten sollen. Doch das hat sich die gelernte Hotelfachfrau für
die nächsten zwei Jahre erst mal abgeschminkt. ,,Ich bin kein
Schmarotzer”, betont die junge Frau. Bislang habe sie von den
Ersparnissen aus früheren Jobs gut leben können. Erst jetzt habe
sie sich an die Sozialarbeiterin im Krankenhaus Son Dureta gewandt,
die auch mit dem Verein Aspanob eng zusammenarbeitet. Was sie an
Unterstützung von diesen beiden Seiten erhalten kann, werde nicht
ausreichen, um sich und ihre drei Kinder über Wasser zu halten,
meint die junge Frau. Die Bank gewähre ihr ohne Bürgschaft keinen
Kredit, weshalb sie sich mit der Bitte um Hilfe an diese Zeitung
gewandt hat. Auf diesem Weg hofft sie eine Privatperson zu finden,
die ihr ein zinsloses Darlehen gibt, das sie in Raten zurückzahlen
wolle.
Der Verein Aspanob hat es sich zur Aufgabe gemacht, allen
hilfsbedürftigen Eltern und kranken Kindern mit Rat, Tat und Geld
unter die Arme zu greifen. Das bedeutet, dass die bedürftigen
Familien immer nur kleinere Beträge – 30.000 bis 40.000 Pesetas pro
Monat – erhalten. Gegenüber dem Krankenhaus Son Dureta hat der
Verein eine Wohnung angemietet, in der Eltern kranker Kinder
kostenlos wohnen können. Ein Psychologe kümmert sich um das
seelische Leiden der Kinder, Eltern und Geschwister. Und der Verein
organisiert Aktivitäten und Ausflüge für die Kinder.
Das Schöne an der Arbeit des 810 Mitglieder starken Vereins: Sie
ist für viele Familien eine Investition in eine bessere Zukunft.
Laut Statistiken der Ärzte werden 70 Prozent der krebskranken
Kinder geheilt. Die Heilung – und damit die Hilfeleistung des
Vereins – ist allerdings ein Prozess, der über etliche Jahre geht.
,,In diesem Jahr haben wir bislang 25 neue Familien betreut”, sagt
Eulalia Rubio Mesquida. Im Laufe der vergangenen Jahre hat der
Verein 398 Kindern und ihren Familien geholfen.
,,Um effektiv helfen zu können, brauchen wir etwa 15 Millionen
Pesetas pro Jahr”, sagt die Geschäftsführerin von Aspanob. Sieben
Millionen Pesetas habe man in diesem Jahr von staatlicher Seite an
Subventionen bekommen. Den Rest muss sich der Verein durch diverse
Aktionen zusammensammeln. MM will durch eine Spendenaktion
dabei helfen und hofft auf eine möglichst große Beteiligung der
Leser. Mehrere Firmen und Privatleute, die diese Zeitung
angesprochen hat, haben sich bereits spontan für diese Idee
begeistert und Unterstützung zugesagt.
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