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Besucher sind kritisch. Dieses Recht muss man ihnen zugestehen. Und uns, die wir ständig hier leben, tut gelegentlich der Blickwinkel von außen, die veränderte Perspektive, ganz gut. Nur manchmal möchte man sich der aus enttäuschten Erwartungen resultierenden Kritik vielleicht doch nicht anschließen.

Zum Beispiel wenn es um die Mandelblüte geht. Sie ist in diesem Jahr nicht so prächtig wie in vergangenen Jahren. Die Gründe liegen für die Landwirte auf der Hand: Es war viel zu trocken im Sommer, und die kalten Nordwinde im Januar taten den jungen Knospen auch nicht gut. Dennoch, Beschwerden von Besuchern – ,,Wir sind schließlich extra wegen der Mandelblüte gekommen” oder ,,Ich verstehe das nicht, im letzten Jahr war der Baum in Deinem Garten doch so prächtig!” – sind nur schwer anzunehmen.

Überhaupt frage ich mich manchmal, wie sich denn jene, die in Deutschland oft viele Monate lang nach Mallorca schmachten, das Alltagsleben auf der Sonneninsel vorstellen. Als schieres Paradies mit ewig schönem Wetter und lauen Lüften? Als gekonnte Folklore–Vorstellung? Als dauernde Ferien–Idylle, in der man gelegentlich, eigentlich nur als Hobby und um nicht allzu gelangweilt zu sein, einer fast in Arbeit ausartenden Beschäftigung nachgeht?

Nein, ich esse nicht jeden Tag Ensaimada zum Frühstück, und manchmal besteht mein Mittagessen auch aus etwas anderem als einem ,,Pa amb oli”. Ich sitze auch nicht jeden Abend im Kreise meiner – natürlich mallorquinischen – Freunde auf gemauerten Steinbänkchen. Meine Nachbarn sind weder Bauern noch Handwerker, sondern Pharmavertreter und Büroangestellte.

In meinem Haus gibt es nicht ausschließlich Llengua–Stoffe aus Santa Maria, und ich spüle mein Geschirr auch nicht in einer historischen Keramikschale aus dem 18. Jahrhundert, die ich auf dem Sperrmüll gefunden habe. Ich trinke immer noch gern Wein aus Italien und Frankreich und ziehe edle Jahrgänge aus Spanien den eher rustikalen Genüssen aus dem Fass vor. Die Menschen in meiner Umgebung sind nicht alle, nur manche, ,,gastfreundlich und aufgeschlossen”. Nein, ich betrachte auch nicht täglich das Meer oder ergehe mich an der ,,herrlichen Berglandschaft”. Verdammt noch mal – ich lebe hier. Ganz normal und sehr gerne. Und wenn meine Besucher noch weiter so reden, beginne ich, Ensaimadas zu hassen.