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Mallorca, die Insel der Schönen und Reichen: Dieses Bild interessiert nicht mehr so recht. Konjunktur in deutschen Medien hatte Mallorca gerade in dieser Woche wieder als Schauplatz bitterer Armut. Nein, wir sprechen nicht über Gitano-Sippen in Abbruchhäusern. Auch nicht von schwarzen Immigranten in Papp-Hütten oder mallorquinischen Senioren, die mit 50.000 Pesetas im Monat ihr Leben fristen.

In Deutschland interessieren eben doch die Deutschen auf Mallorca am meisten. Und so geriet nach einer Reportage in der ,,Zeit” das Schicksal deutscher Rentner und anderer ,,sozial gestrandeter” in den Blick. ,,Deutsche betteln auf Mallorca”, schrieb ,,Bild”.

So ehrenwert es ist, dass der deutsche Konsul und die deutschen Pfarrer die schwierige Lage von pflegebedürftigen und mittellosen Landsleuten ins Bewußtsein der Öffentlichkeit rücken, um damit vielleicht andere Naive vor dem unvorbereiteten Sprung auf die Insel abzuhalten: Für die in der deutschen Presse zitierte Aussage, mehrere tausend Deutsche lebten auf Mallorca in armseligen Verhältnissen, gibt es keinen Beleg.

Aber natürlich: Die Zeiten, in denen man im Billig-Paradies Mallorca mit einer deutschen Normalrente ein Luxusleben führen konnte, sind vorbei. Mit Verlaub: Wer ein Appartement in der ersten Meereslinie bewohnt, darf sich nicht wundern, dass die Miete von 25 Mark pro Quadratmeter die Rente wegfrisst. Normalverdiener wohnen in Hamburg auch nicht an der Alster.

Und wer der Ansicht ist, Grundnahrungsmittel seien auf Mallorca teurer als in Deutschland, der trägt vielleicht den falschen Warenkorb nach Hause. Klar: Butter und deutsches Schwarzbrot sind auf der Insel teurer als daheim. Aber Gemüse oder Fleisch kosten erheblich weniger.

Wer behauptet, auf Mallorca mit einer 2000-Mark-Rente nicht auszukommen, vergisst, dass viele spanische Arbeitnehmer froh wären, soviel Geld in der Lohntüte zu finden. Natürlich gibt es Altenelend auf Mallorca. So mancher Langzeitresident fällt aus allen Sozialsystemen, hat sich aber oft auch nicht um seine Alterssicherung gekümmert und sich nicht in die spanische Gesellschaft integriert. Wer so unbekümmert dahinlebte, hätte auch in Deutschland kein Polster, um eine gute Pflege zu bezahlen. Wer sich auf Mallorca im Paradies wähnte, der lebt schon lange auf der falschen Insel.