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Spieglein, Spieglein in der Hand, wer macht die schönsten Reportagen im ganzen Land?

In einer Zeit, wo Auflage und Einschaltquoten regieren, muss der Focus auf inhaltliche Genauigkeit, ja sogar der Focus auf Geschichten, die es wirklich wert sind, geschrieben zu werden, zwangsläufig leiden.

So ist es denn kein Wunder, dass sich auch das deutsche Nachrichtenmagazin „Spiegel” dem alljährlichen Thema „so lebt es sich unter südlicher Sonne” annimmt. Einziger Unterschied zu Mallorca-Geschichten der Vorjahre: Es geht ganz allgemein um den Drang der Deutschen in südliche Gefilde.

Dass das ein weitverbreiteter Traum ist, merken nicht nur MM-Redakteure fast täglich, wenn Kollegen in Deutschland neidvoll auf den Arbeitsplatz auf Mallorca schielen. Wie bei Träumen üblich, haben sie mit der Realität oft wenig gemein – und das gilt nicht nur für die arbeitende Bevölkerung, sondern auch für Wohlhabende und Rentner.

Es zeigt sich immer wieder: Am besten kommen diejenigen zurecht, die mit realistischen Vorstellung vom Leben im Süden ausgewandert sind. Traumtänzer stürzen in der Regel ab.

So ist beispielsweise die Geschichte der sogenannten „Big-Sister”-Finca, die als „Mallorcams” im Internet mit leichtgeschürzten Mädels und leichtem Chat Geld verdienen wollten, nicht die Erfolgsstory, als die es der „Spiegel” darstellt („eine der einfallsreichsten deutschen Unternehmungen im nahen Süden”): Der Laden ist seit Monaten dicht, schon nach einem Sommer scheiterte das Projekt. Auch unter südlicher Sonne wird eben nicht jeder Quatsch zu Gold.

Ein Lob dagegen gebührt dem balearischen Ministerpräsidenten Antich (PSOE). Er hat das Millionen-Forum genutzt, um in einem Interview einige Vorurteile und schlicht falsche Ansichten klarzustellen. Sorgen machen auf den Balearen nicht die „deutschen Dauergäste” (obwohl Mitbürger das passendere, weil integrativere Wort gewesen wäre), sondern die Vielzahl der Touristen, in deren Sog der Bevölkerungsdruck insgesamt so stark wächst, dass Sättigungsprobleme existieren.

Positiv ist auch Antichs Bekenntis zu Europa. Dabei ist er Realist genug zu erkennen, dass „eine sozialverträgliche Balance” zwischen Neu– und Altbürgern durchaus schwierig ist.