Zunächst schien ja alles einleuchtend. Im Dorf wurden viele neue
Häuser ge-baut, die Einwohnerzahl stieg und damit auch die Zahl der
Autos. Die Zahl der Parkplätze stieg nicht. Hinzu kommt, dass das
Dorf immer häufiger von Urlaubern und Touristen heimgesucht wird.
Manche bleiben eine Weile, machen einen Spaziergang, trinken einen
Kaffee – und parken. Irgendwann musste die Sache mit den
Parkplätzen einfach geregelt werden.
Also entschloss sich die Gemeindeverwaltung, die Parkplätze zu
markieren. Mit weißen Strichen. Es wurden große, weiße Rechtecke
auf die Straße gemalt, jeweils eines pro Parkplatz. Vor einigen
Häusern und Läden, an Straßenecken und Kurven ist die Bemalung
durchgehend und gelb. Hier darf man nicht parken.
Die Dorfbewohner ignorierten die Markierungen weitgehend. Einige
Bewohner gingen sogar so weit, die gelben Striche heimlich schwarz
zu übermalen, um sich den Parkplatz vor dem eigenen Haus zu
erhalten.
Vor einigen Monaten hörte ich, dass zum ersten Mal in der
Geschichte des Ortes ein Strafzettel wegen falschen Parkens
ausgestellt wurde. Was heiße Diskussionen und große Empörung
hervorrief. Wenn der Dorfsheriff jetzt die Bar betritt, breitet
sich Schweigen aus.
Vergangene Woche er-hielt ich ein Einschreiben mit einer Anzeige
wegen falschen Parkens. Ich hatte mein Auto eine Viertelstunde auf
einem gelben Strich stehen lassen. Doch nicht etwa der Polizist
hatte mich erwischt, sondern Privatleute, deren Eingang ich leicht,
wirklich nur leicht behinderte, hatten mich angezeigt. Also begab
ich mich zur Bank, um die ,,multa” zu zahlen. Was dort großes
Gelächter hervorrief: ,,So viel Papier aus so wenig Anlass!” Da ich
gesetzte Zahlungsfrist einhielt, bekam ich 20 Prozent
Knöllchen–Rabatt.
Und man hieß mich willkommen im Club. Außerdem wurde mir
erklärt, dass ich eine gute Tat vollbracht habe. Die Gemeinde, so
hieß es, baue schließlich ein öffentliches Schwimmbad. Also müsse
Geld in die Kasse, und Strafzettel seien eine gute
Einnahmequelle.
Ich gehörte nun zum Club der Schwimmbadsponsoren, die – so geht
der Spott im Dorf – nach Fertigstellung der ,,Piscina” lebenslangen
freien Eintritt beantragen wollen. Wer die meisten Knöllchen
be-kommt, wird zum Präsidenten gewählt. Ich überlege, ob ich mich
anstrengen soll. Ich wollte schon immer einmal ein wichtiges Amt
bekleiden.
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