Zwei Jahre harter Arbeit nähern sich dem Ende: Noch einige
Wochen, und die Bagger stellen den Motor ab, die Baukräne
verschwinden und die Lastwagen fahren die letzten Fuhren Sand.
,,Dann haben wir ein gutes Stück unseres Projektes geschafft”, sagt
Ricardo Reció, Sprecher der ,,Autoridad Portuaria”, der spanischen
Hafenbehörde auf den Balearen, und zeigt auf die neu geschaffene
Hafenfläche am Dique del Oeste, der Westmole Palmas. ,,Dort werden
im August die ersten Frachtschiffe anlegen und ihre Ladung löschen
können.” ,,Hafenerweiterung” heißt das Projekt, das in diesem
Sommer nach jahrelanger Vorbereitung nun endlich Gestalt
annimmt.
Die Erweiterungen der Kaianlagen am Dique del Oeste um 70.000
Quadratmeter sind der erste Schritt. Damit will die Hafenbehörde
den Frachtverkehr, der zurzeit auf dem 400.000 Quadratmeter großen
Arenal an der Alten Mole, gegenüber der Kathedrale, abgewickelt
wird, entlasten. ,,Langfristig aber soll der gesamte Frachtverkehr
hierher”, sagt Reció. ,,Aber das wird noch Jahre dauern. Mindestens
fünf. Eher zehn.” Mallorca ist aufgrund seiner Insellage auf die
Versorgung durch Frachtschiffe angewiesen.
Baubegehung vor Ort. Die Straße Carretera al Dique del Oeste,
die zum neuen Kai führt, ist aufgebrochen, Steinbrocken säumen den
Weg, Presslufthämmer dröhnen. ,,Bis zum Sommer wird die Straße zwei
Meter breiter sein, so dass die Lastwagen bequem zum neuen Hafen
gelangen können”, erklärt Reció. Wir fahren weiter zum neuen Kai.
Presslufthämmer auch hier. Dicke Zementröhren ragen wie
Schornsteine aus dem Fundament. ,,Zur Entlüftung”, so Reció. ,,Das
Ganze muss noch sacken. Aber wir hoffen, in zwei bis drei Monaten
mit dem Frachtbetrieb anfangen zu können.”
Zwei Millionen Kubikmeter Sand haben die Bagger dem Meer
abgerungen. Das neue Hafenbecken misst zehn Meter Tiefe. Das reicht
auch für ganz dicke Pötte.
Etwa 3'5 Milliarden Peseten (rund 41'2 Millionen Mark) hat die
Erweiterung gekostet. Eine Investition, die sich lohnt, denn der
Warenverkehr ist die größte Einnahmequelle des Hafens. Die
Möglichkeiten der Frachtschifffahrt an der Alten Mole sind
erschöpft. Schon jetzt werden im Westhafen Getreideladungen
gelöscht, Gas, Benzin und Zement gelagert.
,,Der Vorteil vom Westhafen als Frachtumschlageplatz ist, dass
die Lastwagen, die die gelöschte Fracht auf den Weg bringen, hier
eine direkte Anbindung an die Autobahn haben,” erklärt Ricardo
Reció. ,,Sie müssen nicht über den Paseo Marítimo durch die ganze
Stadt fahren. Das ist für die Umwelt wie auch für die Menschen
besser.” Zur Zeit donnern täglich rund 500 Lastwagen über die
Hafenmeile.
In diesem Zusammenhang hat der Präsident der Hafenbehörde,
Francesc Triay, am vergangenen Mittwoch einen Vorschlag
unterbreitet, der bei der balearischen Regierung, der
Stadtverwaltung von Palma und dem mallorquinischen Inselrat auf
wenig Gegenliebe stieß. Triay schlug vor, das Gebiet zwischen dem
Anfang der Flughafenautobahn und der Alten Mole zu untertunneln.
Ist das nicht überflüssig, wenn der Frachthafen in den Westhafen
verlegt werden soll? Dazu Ricardo Reció: ,,Wir müssen alle
Möglichkeiten einer Verkehrsentlastung diskutieren. Wir wollen ja
einen attraktiveren Hafen.”
Vor diesem Hintergrund ist die zweite Stufe des Projektes
,,Hafenerweiterung” zu sehen: Die Neugestaltung der Alten Mole. Bis
zum Jahr 2005 sollen dort, wo jetzt Verwaltungsgebäude stehen und
große Teile der Fracht abgewickelt werden, ein neuer Fähr–Terminal
und eine Flaniermeile mit Restaurants und Boutiquen entstehen.
Prächtig und lebendig, ein Anziehungspunkt für Touristen und
Passagiere. Geplante Kosten: Rund 6 Milliarden Peseten (705
Millionen Mark). Die Hälfte davon zahlt die Europäische Union.
Zurzeit machen die Fährschiffe an den Molen von Pelaires fest,
die auch im Westen Palmas, aber noch vor dem Dique del Oeste
liegen. Ebenso die Kreuzfahrtschiffe. In diesem Jahr erwartet Palma
400 und die Kais von Pelaires werden nicht ausreichen. Manches
Traumschiff wird an den Dique del Oeste ausweichen müssen. Das soll
sich durch das neue Terminal auf der Alten Mole ändern. Hier
könnten dann täglich 10.000 Passagiere, auch Kreuzfahrer,
abgefertigt werden.
Wir haben den Westhafen verlassen und stehen auf der Alten Mole,
gleich hinter den Reparaturwerkstätten der Schiffe, mitten im
Frachthafen. Ein Zaun versperrt Fußgängern den Weg. Stapler
verladen Container im Minutentakt, Lastwagen kreuzen, Arbeiter
schleppen Kisten. Inmitten dieses emsigen Treibens steht das
Wahrzeichen des Hafens von Palma: der 1902 erbaute Leuchtturm, der
heute nicht mehr in Betrieb ist. Im Zuge der Verschönerung der
Alten Mole soll er an den Hafenrand, hundert Meter weiter östlich
verpflanzt werden und der Endpunkt der Flaniermeile sein. Mit einer
großen Geste umschreibt Ricardo Reció die Strecke der neuen Meile
und schwärmt: ,,Wenn dieses Projekt verwirklicht ist, wird Palma
ein wunderschönes Hafenpanorama haben.”
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