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Fast jeden Tag, wenn ich den Paseo del Borne hinaufgehe, begegnet mir ein älterer Mann, der mir stumm eine Blechdose hinhält. Und wenn die Ampel auf dem Paseo Marítimo vor Palma auf Rot steht, will jedes Mal ein junger Mann die Scheibe meines Wagens putzen – und ein paar „Duros” dafür haben. Beim Einparken fast überall in der Stadt soll ich bei selbsternannten Parkwächtern zusätzlich zur Parkgebühr noch ein paar Pesetas für eine völlig überflüssige Dienstleistung abdrücken: Bettler, die mit oder ohne „Gegenleistung” Geld haben wollen, gibt es haufenweise in Palma. Zu einem Teil sind sie „normale Realität” in jeder größeren Stadt, zum anderen sind sie Randerscheinungen des Tourismus und des damit einhergehenden Wohlstands. Mancher, der wegen eines Saisonjobs nach Mallorca kommt, landet im Winter in der Gosse.

Jedes Mal, wenn ich mit ihnen konfrontiert werde, frage ich mich erneut, wie ich mich verhalten soll. Helfe ich dem armen alten Mann tatsächlich, seine Not zu lindern? Oder verhelfe ich ihm damit eher zu seinem nächsten Schnaps? Meistens versuche ich, diese Begegnungen zu vermeiden: Gebe ich dem Bettler kein Geld, schäme ich mich, gebe ich ihm etwas, ist es mir für ihn peinlich. Letztlich, denke ich, kann ich sein bedauernswertes Dasein mit der Gabe von ein paar Pesetas nur verbessern. Was er damit anstellt – seine Sache.

Eine Ausnahme bilden diejenigen unter den Bettlern, die regelrecht Forderungen stellen und diese gar mit Drohungen unterstreichen. Sie verbreiten ein Klima der Unsicherheit. Und sie schränken die persönliche Freiheit von Bürgern ein, die einfach ihre Ruhe haben wollen – und zum Beispiel bei der Suche nach einem Stellplatz an freien Parkplätzen vorüberfahren, nur um nicht behelligt zu werden.

Gegen diese moderne Art der Raubritterei hilft nur eins: den konkreten Fall bei der Stadtverwaltung oder der Polizei anzeigen. Denn nur wenn die Behörden von den Vorfällen wissen, können sie – vielleicht – etwas dagegen unternehmen. Auch bei diesem Thema sollte man sich hüten, nach einem negativen Erlebnis alle über einen Kamm zu scheren. Aggressives Verhalten kommt nur in Einzelfällen vor, viele Bettler sind freundliche Menschen, die ihr „Berufsethos” ernst nehmen. Wenn sie sich schon kein Geld verdienen, dann doch immerhin eins: Respekt, von Mensch zu Mensch.