„Ultima Hora”-Titelseite von Donnerstag, 13. September.

TW
0

Die beispiellosen Terroranschläge gegen die Vereinigten Staaten haben auch die Menschen auf Mallorca mit Abscheu, Empörung, Angst und Unbehagen erfüllt. Sprachlos vor Entsetzen verfolgten die Mallorquiner jene TV-Bilder, die am Dienstag die brennenden Zwillingstürme des Welthandelszentrum in New York und kurz darauf ihren Einsturz zeigten. Ungläubig starrten die Gäste in den Bars in Palma auf die Bildschirmgeräte, die dort wie üblich stets angeschaltet sind. „Es ist entsetzlich”, sagte ein Kellner, der kaum noch etwas zu tun hatte. „Es kommt einem vor wie ein Hollywood-Film, und es ist doch Realität”.

Rasch reagierte der mallorquinische Inselrat und sagte sämtliche Feierlichkeiten anlässlich des Gedenktages der „Diada de Mallorca” am Mittwoch, 12. September, ab. „In solch einem Moment ist es nicht angebracht, Feste zu feiern”, sagte die Inselrats-Präsidentin Maria Antònia Munar. Sie drückte den Angehörigen der Opfer ihr Mitgefühl aus. „Die Absurdität und Brutalität der Attentate machen ein weiteres Mal deutlich, wie notwendig die Einheit der Menschen gegen den Terrorismus ist, egal wo sie auf der Welt leben.”

Einzig die zur Diada vorgesehene Messe in der Kathedrale von Palma wurde am Mittwochabend beibehalten und in einen Gedenkgottesdienst für die Opfer in Amerika umgewidmet. An der Veranstaltung nahmen nahezu alle Balearen-Politiker von Rang und Namen teil. Mehrere Tausend Bürger brachten ihre Solidarität mit den Bürgern in den USA zum Ausdruck.

In einem Telegramm an die US-Botschaft in Madrid bezeichnete der Ministerpräsident der Balearen, Francesc Antich (PSOE), die Anschläge vom Dienstag als „größten terroristischen Akt in der Geschichte”.

Unmittelbar nach den Anschlägen wurden die Sicherheitsbestimmungen verschärft. Vor dem US-Konsulat in Palma fuhren schwerbewaffnete Polizisten auf. Passanten legten Blumen ab. Der langjährige konsularische Agent der Vereinigten Staaten, der Mallorquiner Bartolomé „Tumy” Bestard, schien ob der Ereignisse regelrecht am Boden zerstört. „Das ist eine große Tragödie für die USA und die Welt.” Der oberste amerikanische Repräsentant war an allen kurzfristig einberufenen Gedenkveranstaltungen auf der Insel zugegen. Am Donnerstagvormittag beteiligten sich rund 500 Menschen an einer Schweigekundgebung vor dem Regierungssitz Consolat del Mar in Palma, bei dem ebenfalls die wichtigsten Politiker des Archipels anwesend waren.

Auch auf dem Flughafen Son Sant Joan in Palma wurde die Zahl der diensthabenden Sicherheitskräfte sichtbar aufgestockt. Über die darüber hinausgehenden Maßnahmen wollte Flughafensprecher Mateo Cladera aus Geheimhaltungsgründen nichts sagen.

Nach Ansicht der Wirtschaftsexperten werden die Ereignisse negative Folgen für den Tourismus auf der Insel haben. „In Zeiten der Unruhe ziehen die Menschen es vor, lieber zu Hause zu bleiben”, sagte der balearische Finanzminister Joan Mesquida.

Die Dimensionen des Verbrechens gegen unschuldige Zivilisten an Bord der zu Bomben umfunktionierten Passagierflugzeuge und der Zivilbevölkerung in New York erwiesen sich offenkundig als so schwer zu fassen, dass es auch auf Mallorca zu äußerst umstrittenen Entscheidungen kam. Kritik hagelte es im Nachhinein gegen die UEFA, die noch am selben Abend des Katastrophentages das Austragen des Spiels Real Mallorca gegen Arsenal London anordnete. Obgleich die mallorquinischen Insel-Kicker einen historischen Sieg erlangten, war die Beteiligung an den Bildschirmen in den Lokalen und Bars in Palma gedämpft. Vergeblich hatte Vereinspräsident Mateu Alemany eine Aussetzung gefordert, wie erst später bekannt wurde.

Es dauerte seine Zeit, bis die Tragweite der erschütternden Ereignisse den Menschen voll zu Bewusstsein kam. Während die Rettungskräfte in Manhattan aus den glühenden Trümmern die ersten Leichen bargen, fand zeitgleich in Palmas vollbesetzter Stierkampfarena das Konzert des Latino-Rockers Manu Chao statt.

Das Alltagsleben ging auf Mallorca weiter, auch wenn es am Telefon, im Restaurant, an der Theke in der Bar oder im privaten Bekanntenkreis kein anderes Gesprächsthema mehr gab als das Grauen in den USA.

Im Gegensatz zur UEFA reagierte der Berliner Versicherungsunternehmer Axel Lange, der die Wochenenden stets in seinem Haus bei S'Horta verbringt, spontan. Seit Monaten organisiert er ein Prominenten-Fußballspiel, das am Sonntag in Berlin stattfindet. Eigentlich sollten die Einnahmen der Uwe-Seeler-Stiftung zufließen. „Das Geld wird nun aber den Hinterbliebenen der Terroranschläge zugute kommen”, so Lange gegenüber MM.

Bei dem Spiel stehen unter anderem die Ex-Kicker Dieter Hoeneß, Tony Woodcock und Uwe Bein, Box-Weltmeister Dariusz Michalzewski, Moderator Gerhard Delling und der saarländische Ministerpräsident Peter Müller auf dem Platz. Eigentlich wollte auch der Kanzler mitkicken, er sagte jedoch ab. „Wir werden dem Kanzler einen Scheck überreichen. Er sorgt dafür, dass das Geld in den USA an der richtigen Stelle ankommt. Das habe ich mit Gerhard Schröder besprochen”, sagte Lange.