„Erschöpft”. Mit diesem Wort beschreibt Michael Spreng seinen
Zustand nach seiner Etappe als Leiter des Stoiberschen
Wahlkampf-Teams. „Das waren von der Härte der Arbeit und vom
Erlebniswert zwei Jahre auf acht Monate komprimiert, jeden Tag 15
bis 16 Stunden Arbeit, die letzten Wochen ohne einen freien Tag”,
erzählt er. „Um physisch und psychisch abschalten zu können,
reichen nicht zwei Tage”, weswegen sich der ehemalige „Bild am
Sonntag” Chefredakteur auf Mallorca erholt.
Hier hat der Mann, über den in den vergangenen Monaten so viel
geschrieben wurde wie über kaum jemand anderen, eine Ferienwohnung
(„langfristig gemietet”), von wo aus er sich den grundlegenden
Urlaubsfreuden widmet. In erster Linie ist er „sehr faul”. So viel
Zeit wie möglich verbringt er am Strand, gerne in seinem Domizil in
Illetes. Das erste Buch nach den Monaten im Rampenlicht ist („ich
gebe ehrlich zu”) ein Thriller von Philipp Vandenberg, dessen Titel
er nicht einmal weiß. Nach der „totalen Entspannung” will er „Mein
verwundetes Herz” von Martin Doerry lesen, in der es um die
Geschichte der Jüdin Lilli Jahn im Dritten Reich geht.
Insgesamt bleibt er mit seiner Frau zwölf Tage auf Mallorca,
dann lädt der gescheiterte Kandidat die Mitglieder seines Teams mit
Ehegatten zu einem Essen ein, danach will er noch für ein paar Tage
zurück auf die Insel, bevor „es wieder los geht”. Spreng hat
„einige Angebote von Leuten und Firmen, die von mir beraten werden
wollen. Ich habe Termine gemacht, um Verhandlungen zu führen”. Er
will sich einen interessanten Mix aus Medien, Wirtschaft und
Politik zusammenstellen. „Wenn der genügend bringt, will ich ein
Büro in Berlin aufmachen.”
Das Engagement in der Politik, davon ist er überzeugt, hat ihm
für seine Pläne als Berater genutzt. „Meine Tätigkeit wird
überwiegend mit Respekt kommentiert, und sie hat meine
Zukunftschancen verbessert.”
Spreng, zwar etwas schmaler als vor dem Wahlkampf, aber ob
seiner fast zwei Meter nach wie vor eine eindrucksvolle
Erscheinung, erfüllt zwar rein optisch die Stereotypen des bulligen
Boulevardjournalisten. Nach acht Monaten auf der passiven Seite des
Zeitungsmachens zeigt er sich aber so, wie man es von einem
Ex-Springer-Mann nicht unbedingt erwartet: sensibel und lernfähig:
„Ich habe mehr Verständnis für Politiker. Ich dachte immer, sie
seien härter im Nehmen und würden das sportiv sehen. Die meisten
Politiker sehen das überhaupt nicht sportiv und sind leicht
verletzbar. Ich bin sicher, ich habe mit einigen Formulierungen
Politiker in einem Ausmaß verletzt, wie es mir heute Leid tut.” Aus
heutiger Sicht würde er einige Schlagzeilen und Kommentare so nicht
mehr machen. Er selbst kann sich nicht beklagen, er sei gut
weggekommen. „Es ist aber auch furchtbar viel Unsinn geschrieben
worden”, was ihm „einen völlig neuen Blick auf unseren Berufsstand”
verschafft habe.
Als Mallorca-Liebhaber hat er auch mitbekommen, dass die Insel
ein massives Image-Problem in Deutschland hat. „Ein
selbstverschuldetes”, wie er findet, „weil eine unheilvolle
Politik” betrieben worden ist. Als überzeugter Europäer erachtet er
die nationalistische Regionalisierung als anachronistisch, die auf
Touristen austrahle. Dazu komme die „zum Teil unverantwortliche
Preispolitik”, Restaurants und Geschäfte seien zum Teil teurer als
in Hamburg. Und wenn man den Leuten immer wieder sage, sie seien
nicht willkommen, weil man nur noch reiche Golf-Spieler haben will,
„braucht man sich nicht wundern, dass die ganz normalen,
anständigen deutschen Touristen nicht mehr kommen”.
Die schlechten Schlagzeilen in Deutschland „muss man in Kauf
nehmen, wenn man jahrelang von den positiven Schlagzeilen
profitiert hat”, nimmt er den mitunter unsachlichen deutschen
Boulevard in Schutz. Alles, was falsch zu machen war, hätten die
Politiker falsch gemacht. „Die brauchen dringend Beratung”, weiß
Spreng, „sie müssen wissen, welche positiven Signale sie aussenden
wollen, und welche negativen sie vermeiden wollen”. Ein solcher
Auftrag sei schwierig und entsprechend teuer, denn „es ist ja eine
große Krise”.
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