Für die einen ist die Küste Mallorcas bereits zu sehr mit Beton
zugeknallt, für die anderen ist die unbestrittenene Naturschönheit
der Uferbereiche nach wie vor rühmenswert. Doch das sind weitgehend
gefühlsmäßige Einstellungen. Erstmals lässt sich jedoch der
tatsächliche Ist-Zustand in nüchternen Zahlen belegen, die das
Forschungszentrum für Fremdenverkehrstechnologie des balearischen
Tourismusministeriums, Cittib, erarbeitet hat. Danach ist der
Ufersaum der Balearen mit 22'2 Prozent nahezu zu einem Viertel
bebaut. Auch über das Inselinnere sprechen die Zahlen eine
rationale Sprache: Hier sind fünf Prozent der Fläche von Häusern
bedeckt. Der Bebauungsgrad hat sich damit seit 1956
verfünffacht.
Die Balearen-Regierung dürfte die Zahlenangaben als Bestätigung
für ihre Politik werten, die Bautätigkeit auf den Inseln zu
beschränken. Vor allem auf landwirtschaftlich genutztem Land (Suelo
rústico) solle das Errichten von neuen Häusern restriktiv
gehandhabt werden. Eine Politik, die sich seit dem Antritt des
links-regionalistischen Regierungsbündnisses Pacte de Progrés in
mehreren Bau-Moratorien niederschlug. (Allerdings war das erste
Moratorium bereits von der PP-Vorgängerregierung ins Leben gerufen
worden.)
Die Baupolitik des Pacte führte und führt regierungsintern
mitunter zu massiven Spannungen. Denn anders als der Govern, der
insbesondere den Suelo rústico schützen möchte, will die Unió
Mallorquina, die im Inselrat den Ton angibt, den Häuslebauern auf
dem Land weitgehend entgegen kommen.
Die Berechnung des Cittib weckt die Erinnerung an eine ähnliche
Studie, die die internationale Umweltstiftung World Wide Fund for
Nature (WWF) im Jahre 2001 über die spanischen Küsten angefertigt
hatte (MM 34/2001). Darin schnitten die Ufer der Baleareninseln
nach ökologischen Gesichtspunkten als die am besten erhaltenen in
ganz Spanien ab. Denn nach Berechnungen der Organisation stehen 66
Prozent der Küstensäume des Archipels mehr oder weniger unter
Naturschutz.
Als Küstenzone definierte das Cittib den Bereich von der
Wasserlinie bis 500 Meter ins Inselinnere hinein. Dieser
Landstreifen ist auf dem Archipel rein rechnerisch 1239 Kilometer
lang. Hiervon sind 275 Kilometer bebaut, was einem
Urbanisierungsgrad von 22'2 Prozent entspricht.
84 '2 Prozent des bebauten Küstenstreifens verschwanden,
so die Studie, in den vergangenen 45 Jahren unter Beton. Im
Vergleichsjahr 1956 waren lediglich 3'5 Prozent bebaut gewesen. Im
Schnitt sind demnach seit damals jährlich fünf Kilometer Küste mit
Häusern überzogen worden.
Im Inselinnern sind mit 19.131 Hektar gut fünf Prozent des
Bodens versiegelt. Rund 80 Prozent aller heute bestehenden Gebäude
und Straßen auf den Balearen wurden seit 1956 errichtet.
Die Cittib-Studie ergab weiter, dass sich in der touristischen
Hochsaison allein an der Playa de Palma und dem Strand von Alcúdia
rund 6'8 Millionen Menschen tummeln. Selbst am weitgehend
unverbauten Strand von Es Trenc hat jeder Badegast im Schnitt 18
Quadratmeter zur Verfügung. Das ist den Forschern zufolge so viel
oder so wenig wie an einem belebten Stadtstrand.
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