Jahrhundert-Kunst.

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Es war ein Medienauftrieb, wie ihn sich Politiker zuweilen wünschen. Doch weder ein Regierungschef noch ein Parteiführer waren der Grund, warum unzählige Kamerateams und Pressevertreter in Palmas altehrwürdiger Seehandelsbörse La Llonja unter Hochspannung zusammengeströmt waren. Einmal triumphierte die Kultur über die Politik. Dann näherte sich der Star der Veranstaltung, der mallorquinische Maler und Bildhauer Miquel Barceló, auf schlichten Turnschuhen zaghaft dem gotischen Gemäuer. Dem scheuen Künstler aus Felanitx, der weltweit zu den bekanntesten lebenden Künstlern zählt, war auf Schritt und Tritt anzumerken, wie sehr ihm der Rummel um seine Person unangenehm war.

Miquel Barceló ist nach langer Abwesenheit nach Mallorca zurückgekehrt – im künstlerischen Sinne. Denn der 46-Jährige – für dessen Werke Millionen gezahlt werden, und der zuletzt auf der Madrider Kunstmesse Arco zum „besten internationalen Künstler” gekürt wurde – war seit zwei Jahrzehnten mit keiner Ausstellung auf der Insel präsent. „Ich habe meine Werke auf Mallorca nicht gezeigt, weil mich niemand danach gefragt hat”, antwortet der Mann mit dem spärlichen Haupthaar, das wie seine Pinselstriche in alle Richtungen absteht.

Vor zwei Jahren begann die Balearen-Regierung, den Kontakt zum Künstler zu suchen. Unter den Auspizien des Barceló-Vertrauten Enric Juncosa ist dabei eine Werkschau herausgekommen, die für die Balearen einzigartig ist. Jede der vier Inseln wird mit einem anderen Schaffensbereich des Künstlers gewürdigt. Auf Menorca sind Keramikarbeiten zu sehen, auf Ibiza Aquarelle, auf Formentera Skulpturen.

Mallorca wiederum kann mit 21 großformatigen Gemälde glänzen, von denen das älteste aus dem Jahre 1983 stammt. Die jüngsten Werke entstanden 2002. Die Schau verdeutlicht die verschiedenen Entwicklungsstadien des Künstlers wie seine neoexpressionistische Phase, die weißen Landschaften seiner afrikanischen Eindrücke, die Hinwendung zum mediterranen Themenkreis wie dem Stierkampf und die jüngsten impressionistischen Werke vom Meer und seinen Tiefen.

Barceló malt nicht einfach nur mit Farben, er kreiert bisweilen wuchtige plastische Strukturen auf der Leinwand, mischt die Farben mit Sand, Sträuchern, Algen, Textilien oder gar Holzbalken. Allen Werken gemeinsam ist jedoch die Brachialität und Genialität, das Schrille und das Stille zugleich, sowie einerseits die Schwindel erregenden Wirbel, etwa in der Arena mit ihren zerborstenen Perspektiven, andererseits die eingefrorene Ruhe der sturmgepeitschten Meeresoberfläche. Barceló, der demnächst auch die Kapelle San Pedro in Palmas Kathedrale umgestalten wird – Barceló wird immer besser.

„Barceló a les Illes Balears”, La Llonja, Öffnungszeiten Dienstag bis Sonntag 11-14 und 17-24 Uhr. Dauer bis 31. August. Katalog (293 Seiten) 50 Euro. Poster 10 Euro.