Frisch und munter sieht er aus, der Franz Beckenbauer, als er
ins Klubhaus zurückkehrt. Dabei hat er gerade fünfeinhalb Stunden
Golf bei über 30 Grad Hitze gespielt: beim „Premiere”-Turnier
zugunsten der Franz-Beckenbauer-Stiftung am letzten Montag im Golf
de Andratx in Camp de Mar.
Warm sei es schon gewesen, sagt der „Kaiser”, aber weniger
anstrengend als erwartet: Der Platz sei zwar nicht einfach, aber
nicht so gemein wie ihm vorher beschrieben. „Tricky” sei die
Anlage, „aber ein guter Golfer kommt gut zurecht.” Beckenbauer ist
ein guter Golfer. Bis zu Handicap sieben hat er es gebracht. Aber
inzwischen komme er nur noch selten zum Golfen: zu viele
Verpflichtungen, sagt er. Vor allem, seitdem Deutschland sich
beworben und dann den Zuschlag für die Fußball-WM 2006 erhalten
habe. Das war bekanntlich vor allem sein Verdienst, hat ihm aber
viel zusätzliche Arbeit beschert.
Als Erstes bestellt sich Beckenbauer ein Weißbier, das rasch in
ihm verschwindet. Dann eine Portion Spaghetti. Dann noch ein
Weißbier. Das zweite hält länger.
Beckenbauer gilt als nicht ganz einfacher Golfpartner. „Er kann
sich auf dem Platz furchtbar aufregen, wenn es mal nicht gut
läuft”, sagt einer, der mal mit ihm gespielt hat, „genauso wie
früher auf dem Fußballplatz, wenn ein Mitspieler seine Taktik nicht
verstanden und einen seiner genialen Pässe nicht vorausschauend
erkannt hat.”
Was gefällt Beckenbauer am Golfsport? „Früher war jede Runde,
jeder Golfplatz für mich eine Herausforderung. Früher war ich total
auf jeden Ball fixiert. Heute sehe ich das Spiel viel lockerer. Ich
freue mich zwar nach wie vor über jeden guten Schlag, noch mehr
freue ich mich aber über die schöne Landschaft. Ich genieße
Golf.”
Ist ihm Golf ähnlich wichtig wie Fußball? „Um Gottes willen”,
sagt die Fußball-Legende, „Fußball ist und bleibt meine
Leidenschaft, Golf ist mein Hobby.” Er denkt einen Moment nach und
verbessert sich dann: „Nein, es ist nicht nur Hobby. Golf hat für
mich eine besondere Bedeutung, weil es durch die Turniere zugunsten
meiner Stiftung viel Geld einbringt.”
50.000 Euro pro Turnier müssten ihm Veranstalter und Sponsoren
garantieren, sagt Beckenbauer, sonst trete er mit seiner Stiftung
nicht an. 75.000 Euro, so werden wir am Abend erfahren, kommen bei
dem Turnier auf Mallorca zusammen.
Es gab schon mal eins auf der Insel: vor vier Jahren auf dem
Golfplatz von Pula. Daran erinnert sich der Kaiser nicht so gern,
weil er auf das dort eingenommene Geld lange, mehr als zwei Jahre,
hat warten müssen: „Inzwischen ist das aber erledigt. Schwamm
drüber.”
Beckenbauer spricht lieber über Fußball. Tags zuvor hat die
deutsche Nationalmannschaft gegen Kanada gespielt und nach einer
enttäuschenden ersten Halbzeit noch 4:1 gewonnen. Das Gelbe vom Ei
sei der Auftritt nicht gewesen, meint der Ex-Teamchef. Natürlich
erwarte der Fan bei einer solchen Begegnung noch mehr deutsche
Tore. Aber das Resultat sei immerhin „standesgemäß”.
Hätte nicht höher gewonnen werden müssen? Nein, sagt
Beckenbauer, man dürfe die Kanadier genauso wie die Amerikaner
nicht unterschätzen: „Hätte der Kahn beim WM-Viertelfinale gegen
die USA nicht so gut gehalten, wären wir ausgeschieden.”
Eine Dame kommt an unseren Tisch, bittet um ein Autogramm „vom
Franz” für ihren Sohn. Kein Problem. Wie weit bestimmt Fußball
Beckenbauers Leben? Beruflich total, sagt der Franz, es sei viel
Arbeit für den FC Bayern und das WM-Organisationskomitee. Dazu
kämen Werbeauftritte, TV-Kommentare und seine Stiftung – er fühle
sich voll ausgelastet. Hat er Stress? Nein, weil er sich die Arbeit
gut einteile.
Gut sieht auch er aus an diesem Tag, der Franz Beckenbauer, rank
und schlank. Was tut er für seine Figur, seine Fitness? „Gar
nichts”, grinst er, und schiebt das auf seine berufliche Belastung.
Eigentlich müsse er „endlich den inneren Schweinehund überwinden
und wieder wie früher Joggen oder Gymnastik machen. Das sage ich
aber schon seit Jahren. Noch bin ich nicht soweit”.
Für mich sieht er nach Idealgewicht aus. „Ich bin in der Nähe”,
räumt Beckenbauer ein, „weil ich mich sehr bewusst ernähre. Und ich
esse wenig. Wenn es nach der Bewegung ginge, brächte ich
wahrscheinlich drei Zentner auf die Waage.” Beckenbauer winkt einen
Kellner herbei und bestellt lachend noch ein Weißbier: „Weil wir
gerade beim Ernährungsbewusstsein sind.”
Politik und Bier, dass passt bei einem Bayern gut zusammen. Ich
frage Beckenbauer, warum er sich so selten öffentlich zu
politischen Fragen äußere. „Weil ich mich in die Politik nicht
einmische”, sagt er. Allerdings habe er sehr wohl klare politische
Vorstellungen.
Wie beurteilt er denn die politische Situation in Deutschland?
Beckenbauer holt ein wenig aus: „Wir haben in Deutschland mit den
höchsten Lebensstandard der Welt. Dahin zu kommen war schon eine
großartige Leistung. Und ihn zu erhalten, ist erst recht schwierig
angesichts der hohen Sozialausgaben. Die Regierung ist mit ihren
Reformen auf dem richtigen Weg, kommt aber – auch wegen des
Widerstands der Gewerkschaften – nicht weiter.”
Der Ex-Nationalspieler wählt ein Beispiel aus dem Fußball: „Es
ist genauso wie 1984 bei der deutschen Nationalmannschaft. 1982
sind wir zwar Vizeweltmeister geworden, 1984 aber in der
EM-Vorrunde ausgeschieden. Dann wurde ich Teamchef. Ich sagte:
Einer allein schafft es nicht. Jetzt müssen wir alle
zusammenhalten. Und wir haben es geschafft, sind 1986 Vizeund 1990
Weltmeister geworden. In der deutschen Politik haben wir jetzt
genau die gleiche Situation: Jetzt müssen alle zusammenhalten, alle
Parteien, Wirtschaft, Gewerkschaften, Gesellschaft.”
Braucht Deutschland einen neuen Teamchef? Oder plädiert er für
eine große Koalition? „Nach der Wahl wäre eine große Koalition,
aber nur auf begrenzte Zeit, das einzig Richtige gewesen. Und auch
jetzt, wo wir so richtig im Schlamassel sitzen, müssen die besten
Kräfte des Landes gebündelt werden. Eine große Koalition wäre immer
noch die beste Lösung.”
Der Sport in Gestalt von Andreas Brehme kommt dazwischen. Der
hat, wir erinnern uns gern, die Mannschaft des Teamchefs
Beckenbauer 1990 zur Weltmeisterschaft geschossen. Brehme plaudert
kurz mit seinem alten Chef und geht dann duschen.
Themenwechsel. Hätte das Turnier einen Tag später stattgefunden,
wäre Gesprächsthema Nummer eins sicher die „Bild”-Schlagzeile vom
Dienstag gewesen: „Franz - noch ein Baby. Mit seiner Heidi.” In der
Woche zuvor hatte Beckenbauer entsprechende Presseberichte noch
dementiert, sich jetzt aber gegenüber „Bild” korrigiert. Wohl auch
weil Lebensgefährtin Heidi Burmester, die ihn nach Mallorca
begleitete, deutlich sichtbar Bäuchlein zeigt.
Noch aber ist Montag, und so frage ich Beckenbauer nur, wie er
denn mit dem Presserummel um sein Privatleben zurecht komme. „Man
muss ihn ignorieren”, sagt der Franz. „In der Klatschpresse tummeln
sich die größten Gaukler, Lügner und Schwindler. Ich lese diese
Zeitungen nicht, aber ab und zu fällt mir halt eine in die Hand.
Dass diese Blätter überhaupt existieren können, dass sie gelesen
werden, ist mir unbegreiflich. Die Dummheit der Leute kennt keine
Grenzen.” Das hört Herbert Ebertz, der gerade vorbeikommt. Der
Dorint-Großaktionär, seit langen Jahren mit Beckenbauer befreundet,
sagt breit grinsend: „Ich verschlinge jede Zeile über das
Liebesleben von Franz Beckenbauer. Das will man doch wissen!” Da
lacht auch Beckenbauer.
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