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Unlängst wurde ich von einem Kollegen als „intolerant” bezeichnet. Bei einem Besuch von Cala Rajada und der Cala Agulla war mir das Verhalten deutscher Urlauber sauer aufgestoßen, die offenbar nichts besseres zu tun hatten, als sich den ganzen Tag systematisch zu betrinken und einen Teil des Strandes regelrecht zu besetzen. „Wenn es ihnen Spaß macht, sollen sie doch”, hieß es. Als jetzt die Diskussion um die Äußerungen des italienischen Staatssekretärs über deutsche Urlauber aufflammte, tauchten diese Bilder wieder vor meinem inneren Auge auf. Und dazu die aus dem TV bekannten Szenen von der Playa de Palma.

Keine Frage – die Beschimpfungen von Stefano Stefani waren unverschämt und viel zu pauschal. Aber offenbar ist die Minderheit, für die man die „Ballermänner” auch auf Mallorca hält, doch so weit verbreitet, dass sie das Image einer ganzen Nation mitprägen.

Auf Mallorca hat besagte Minderheit zu einem schlechten Image der Insel beigetragen. Die Schuld liegt sicher auf beiden Seiten: Wo Sangría nicht in Eimern verkauft wird, kann sie auch nicht eimerweise getrunken werden. Seit einiger Zeit arbeitet man daran, die schlimmsten Ausuferungen zu verhindern. Und das ist gut so. Es geht nicht darum, den Leuten das Feiern zu verbieten, sondern Auswüchse wie Unfälle, Kleinkriminalität und Prostitution auf der Straße zu verhindern. Spaß haben kann man an der Playa de Palma weiterhin, auch wenn der Extremurlauber künftig an bulgarische Tresen abwandern sollte.

Zumindest derzeit ist von einem Überdruss gegenüber den deutschen Urlaubern auf Mallorca nichts zu spüren. Zum Glück hat nicht irgendein mallorquinischer Politiker den Fauxpas einer Äußerung à la Stefani begangen. Im Gegenteil: Alle, vom Barkeeper über den Polizisten bis hin zum Tourismusminister, sind bemüht, den Alemanes zu zeigen, dass sie wieder uneingeschränkt willkommen sind.

Eine Chance für beide Seiten: Die Mallorquiner müssen beweisen, dass sie uns auch dann noch lieb haben, wenn die Geschäfte wieder besser gehen.

Und wir Deutschen sollten wissen, dass man uns im Ausland im Blick hat, auch wenn der Einzelne in der Masse untertaucht. Intoleranten Beobachtern stellt sich die Frage: Sind wir noch normal oder müssten wir vielleicht an unserer Trinkkultur etwas ändern? Spaß muss sein – aber es gibt ihn nicht nur in flüssiger Form.