MM: Jetzt heißt es also den Gürtel enger schnallen und auf
vieles verzichten.
Delgado: Ja und Nein. Nehmen Sie als Beispiel die Fiestas, für die
sehr viel Geld ausgegeben wurde. Das Konzert des Radiosenders „40
Principales” in Santa Ponça in dieser Woche sollte 66.000 Euro
kosten. Ich habe das stoppen lassen. Da kam der Sender, sagte, die
Veranstaltung solle unbedingt stattfinden. Ich erklärte, dafür sei
kein Geld da. Ergebnis: Jetzt macht 40 Principales das Konzert
gratis. Wir sparen viel Geld, ohne dass die Bürger Nachteile haben.
Dafür gibt es viele Beispiele.
MM: Lässt die angespannte Haushaltslage Ihnen Raum, um eigene
Projekte voranzubringen?
Delgado: Freilich. Die Gemeinde hat einen großen Etat. Durch die
Einsparungen werden wir nächstes Jahr die Grundsteuer einen Hauch
senken können, die Schulden werden nicht erhöht. Ansonsten ist
früher viel Geld für das Drumherum ausgeben worden. Nehmen Sie die
Kunstpreise. Wir werden die Ausgaben für das unnötige Beiwerk um
ein Drittel kürzen, dafür die Prämien für die Künstler sogar ein
wenig erhöhen. So sparen wir Geld, gleichzeitig ist der Kultur
geholfen.
MM: Sie sind auch für die Autobahn nach Peguera. Alles für
die Autofahrer. Und wer kein Kfz hat, guckt in die Röhre?
Delgado: Sie haben Recht, der öffentliche Nahverkehr ist
schrecklich. In einem Jahr haben wir das Problem gelöst.
MM: Wie?
Delgado: Wir verhandeln zurzeit mit dem balearischen
Verkehrsministerium. Es herrscht Einigkeit: Wir wollen die
Frequenzen der Busse deutlich erhöhen und die Verbindungen nach
Palma und darüber hinaus durch einen Umsteigebahnhof in Palmanova
aufstocken.
MM: Was tun Sie für die vielen Radfahrer in Calvià?
Delgado: Wir wollen eine Reihe von Radwegen anlegen. Die Landstraße
zwischen Peguera und Es Capdellà soll beispielsweise sicherer
werden, worum wir den zuständigen Inselrat gebeten haben. Wir
wollen, dass dabei auch ein Radweg entsteht.
MM: Die Touristen beschweren sich meist über den vielen
Dreck, sei es auf der Straße, im Meer oder in der Natur. Was wollen
Sie tun?
Delgado: Ich bin mir der Schwere des Problems bewusst. Nach dem
Amtsantritt haben wir bereits zwei zusätzliche Boote eingesetetzt,
um das Meer zu reinigen, insgesamt sind es jetzt fünf. Dadurch hat
sich die Zahl der Beschwerden schon halbiert. Gerade habe
angewiesen, dass eine Verordnung ausgearbeitet wird, um Hundehalter
hart bestrafen zu können, die hinter ihren Tieren nicht
saubermachen. Außerdem arbeiten wir daran, Müllabfahr und
Straßenreinigung deutlich zu verbessern.
MM: Nichts dagegen, Bürger zur Sauberkeit zu erziehen. Aber
was ist mit den Firmen, die in großem Stil illegal Schutt abladen,
wo es gerade passt?
Delgado: Jahrelang wurden in Calvià bei so etwas beide Augen
zugedrück. Das ist vorbei. Ich habe bereits ein Unternehmen, das
seit langem illegal Schutt ablud, schließen lassen und den Fall vor
Gericht gebracht. Das ist das erste Mal, dass die Gemeinde so
vorgeht. Die Polizei ist angewiesen, solche Fälle zur Anzeige zu
bringen.
MM: Stichwort Polizei: Bürger und Touristen sorgen sich auch
sehr um Sicherheit.
Delgado: Ich auch. Wir wollen die Lokalpolizei aufstocken, in jedem
Viertel soll es eine Bürgerpolizei geben. Für die Guardia Civil
wird gerade eine Wache für 100 Beamte gebaut. In den fünf
Urlaubsorten sind Beamte im Einsatz, die sich jeden Tag darum
kümmern, dass die Beschwerden der Touristen überprüft werden – sei
es ein umgefallener Baum oder eine kaputte Straßenlaterne. Früher
passierte gar nichts, im Herbst wurden die Papiere einfach
weggeworfen.
MM: Was wird aus dem Paseo Calvià?
Delgado: Das ist ein gutes Projekt, vor allem in bestimmten Zonen.
Eine tolle Sache, von Cas Català bis nach Portals laufen zu können.
Anderswo ist weniger los. Leider ist der Unterhalt ziemlich
teuer.
MM: Warum wollen Sie keine Ziffern zur Numerierung der
Verkehrskreisel mehr anbringen? Das ist doch praktisch.
Delgado: Und wahnsinnig teuer. Eine Zahl kostet 18.000 Euro, und
das bei der Verschuldung. Wer kommt denn auf so was? Viele Bürger
finden's außerdem hässlich.
MM: So sehr sie die Ausgaben Ihrer Vorgängerin auch
kritisieren: Sie hat dafür gesorgt, dass Calvià ein phantastisches
Image hatte. Es gab einen Umweltpreis, man war auf der Expo, die
Gemeinde galt als Modellfall für nachhaltige Entwicklung eines
Urlaubsortes, sie half bei der Entzerrung der starren
Saisonzeiten.
Delgado:Das war alles Marketing. In Calvià war Nájeras Ansehen
schlecht, sonst hätte sie die Wahl nicht verloren. Viel schöner
Schein, nichts dahinter. Die Hoteliers hatten es satt, dass
jahrelang absolut gar nichts passierte. Im Winter wird Calvià leer
sein.
MM: Was wollen Sie tun?
Delgado: Neue Angebote schaffen oder fördern, um den
Wintertouristmus anzukurbeln. Seien es Sportanlagen, Themenparks,
Golfplätze, Kultur, Wellness, Veranstaltungen und so weiter. Als
erstes kommt ein Rasenplatz, damit Fußballvereine Trainingslager
abhalten können. Wir wollen eine internationales Tennisschule, eine
große Regatta, die Organisation der Schacholympiade und noch vieles
mehr.
MM: Das will alles die Gemeinde machen?
Delgado: Nein, aber fördern. Es liegen viele Projekte der
Privatwirtschaft auf dem Tisch. Veranstaltungen wiederum brauchen
Sponsoren. MM: In Calvià wohnen mehr Ausländer als sonstwo auf
Mallorca. Was wollen Sie für sie tun?
Delgado: Für uns ist die Britin Kate Mentink in den Gemeinderat
eingezogen. Sie wird drei Mitarbeiter einstellen, davon einer
deutsch, einer britisch, die die ausländischen Mitbürger hier um
Rathaus umfassend in ihrer Muttersprache informieren.
MM: Sie selbst sind zwar Mallorquiner, sprechen aber
spanisch. Warum?
Delgado: Weil mein Vater vom Festland ist und meine Ausbildung in
der Schule und an der Uni auf Spanisch war. Ich bin für
Zweisprachigkeit – aber richtig.
MM: Das bedeutet?
Delgado: Ich spreche in der Öffentlichkeit spanisch, wenn ein
Dezernent dabei ist, soll er nach Möglichkeit mallorquín sprechen.
Alle Schriftstücke sind zweisprachig. Die Bürger danken mir jedes
Mal, wenn ich spanisch spreche, vor allem die ausländischen.
MM: Sie haben sich ja viel vorgenommen.
Delgado: Sie werden sehen: Schon in dieser Legislaturperiode wird
sich Calvià komplett verändern.
Mit Carlos Delgado sprachen Michael Blum und
Alexander Sepasgosarian
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