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Einmal mehr sorgte Mallorca in den vergangenen Tagen in deutschen Medien für so manche Schlagzeile: „Deutsche Familie hält Angestellte wie Sklaven” titelte am Mittwoch die Ostseezeitung und druckte eine Meldung der Nachrichtenagentur dpa ab. Die Rheinische Post gab sich etwas zurückhaltender und fragte: „Hielten Deutsche zwei Polen wie Sklaven?” Natürlich durfte auch „Bild” nicht fehlen.

Losgetreten hatte den angeblichen Rückfall ins Kolonialzeitalter die Nationalpolizei in Palma. Am Dienstag gab die Lokalpresse den Inhalt einer Pressekonferenz wider. Demnach nahm das in Felanitx lebende deutsche Ehepaar, 64 und 60 Jahre alt, den Polen die Pässe ab, sperrte sie nächtens in den Stall und ließ sie tagsüber 14 Stunden Hofarbeit verrichten. Der vorher ausgehandelte Lohn sei von 2000 Euro auf 200 Euro beschnitten worden, und jegliches Aufbegehren hätten bissige Kampfhunde im Keim erstickt.

Auf Nachfrage von MM bestätigte die Nationalpolizei die gegen das Ehepaar erhobenen Anschuldigungen. Die Ermittlungen laufen danach auch gegen den 40-jährigen Sohn, der als in Polen tätiger Unternehmer den Kontakt herstellte. Den drei Süddeutschen werde Freiheitsberaubung, Nötigung und Verletzung von Arbeitnehmerrechten zur Last gelegt. Die Sache sei an das Untersuchungsgericht Manacor weitergeleitet worden, hieß in der Pressestelle.

„Die ganze Geschichte ist erstunken und erlogen”, behauptet dagegen der Anwalt des Ehepaars, Matthias Jahnel aus der Kanzlei Meuser, Benito & Partner. Seinen Mandaten habe er eine Gegendarstellung in der Lokalpresse empfohlen. Zudem erwäge man eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Polizeibeamten, die für die Festnahme des Ehepaars verantwortlich zeichneten. „Hier hat man völlig über die Stränge geschlagen.”

Die Polizei hatte seine Mandanten am vorvergangenen Montag um 23 Uhr festgenommen. Vorausgegangen war ein „missglückter Erpressungsversuch der Polen und die Rache dafür”, glaubt Anwalt Jahnel. Nach Schilderung der Ehefrau sei die Situation am Flughafen eskaliert. Weil die Polen erkrankt seien, hätten sie die deutschen Fincabesitzer um eine vorzeitige Rückkehr gebeten. „Meine Mandantin brachte das Paar sogar noch zum Flughafen”, schildert Jahnel. Dort habe das Paar die Autoschlüssel an sich gerissen und 1000 Euro gefordert. Andernfalls käme es zu einer Anzeige.

Nach einer Nacht hinter Gittern und einem vierstündigen Verhör erreichte Anwalt Jahnel am vorvergangenen Dienstag die Freilassung der Deutschen. „Meine Mandanten werden sich verteidigen und die Dinge richtigstellen.” Die Aussichten beurteilt er als gut. „Es gibt weder Bisswunden noch andere Beweise.” Außerdem habe dem Paar ein Auto und ein eigenes Häuschen zur Verfügung gestanden. (rad)