Jeder Mallorca-Besucher kommt in den Genuss von Investitionen,
die durch EU-Fonds gefördert werden. Das geht beim Flughafen los,
dessen 1997 eingeweihtes Terminal mit rund elf Milliarden Pesetas
(nach dem offiziellen Umtauschkurs gut 66 Millionen Euro) aus dem
Kohäsionsfonds kofinanziert wurde. Oder beim Duschen: Die 1999 in
Betrieb genommene Entsalzungsanlage kostete insgesamt 38 Millionen
Euro, von denen 32'5 Millionen aus Fonds stammten.
In der aktuellen Budgetphase, die von 2000 bis 2006 geht,
fließen aus Euro-Töpfen allein gut 90 Millionen Euro auf die
Balearen, die dem so genannten Ziel-2-Programm entsprechen. Die
europäischen Strukturfonds werden nach drei Kriterien vergeben:
Ziel 1 dient der Förderung der unterentwickelten Regionen, die
weniger als 75 Prozent des EU-Schnitts in Sachen
Brutto-Inlandsprodukt (BIP) erwirtschaften. Da die Balearen ein
überdurchschnittlich hohes BIP haben, kommen sie für diese
Förderung nicht in Frage.
Beim Ziel 2 hingegen schon, denn das dient der „Wiederbelebung
der Gebiete mit Strukturproblemen”, für die die Balearen durch ihre
Insellage qualifiziert sind. Von europaweit 195 Milliarden Euro
Strukturfonds landen auf den Balearen immerhin etwa 103 Millionen,
wie Maria Marquès Caldentey, Staatssekretärin für Wirtschaft im
balearischen Wirtschafts– und Finanzministerium erklärt. Spanien
insgesamt erhält 42'9 Milliarden Euro.
Auf der Inselgruppe gehören 2'8 Millionen Euro zum
„Finanzinstrument für die Ausrichtung der Fischerei” (FIAF), mit
dem die Fangflotte modernisiert wird. 9'19 Millionen bekommen die
Bauern, wofür sich Brüssel den Namen „Europäischer Ausrichtungs–
und Garantiefonds, Abteilung Ausrichtung” (EAGFL/A) hat einfallen
lassen. Beide Budgets werden auf den Balearen vom
Landwirtschaftsministerium verwaltet.
Mit drei Millionen Euro kofinanziert die EU das Progamm
Life-Posidonia, mit der die gefährdeten Seegraswiesen geschützt
werden sollen. Hierfür ist auf regionaler Ebene das
Umweltministerium zuständig.
Der mit Abstand größte Batzen gehört in den
Verantwortungsbereich von Maria Marquès, nämlich die gut 90
Millionen Euro, die aus den verschiedenen Bereichen der
Strukturfonds kommen. Die Liste der Aktivitäten, die von 2000 bis
2006 durchgeführt werden, umfasst sechs Hauptpunkte, die wiederum
in insgesamt 18 Unterpunkte aufgeteilt sind.
Wie Marquès erläutert, stehen den EU-Geldern für
Ziel-2-Investitionen in der Regel Investitionen der nationalen,
regionalen, lokalen Körperschaften und der Privatwirtschaft in
etwas mehr als der gleichen Höhe gegenüber – das ist eine der
Voraussetzungen, an EU-Töpfe zu gelangen.
Mit 13'6 Millionen Euro ist beispielsweise das mallorquinische
Eisenbahnnetzt erneuert und erweitert worden, davon kommen genau
3'163 Millionen aus dem Strukturfonds. Die 9'52 Millionen (die
Hälfte aus dem Fonds) für „Urbane Rehabilitation” sind bereits im
groß angelegten Verschönerungsplan „Pla Mirall” verbaut. Mit
insgesamt 40 Millionen Euro greift man der balearischen Industrie,
Handwerk und Handel unter die Arme, wobei 50 Prozent aus dem Fonds
stammen.
Die einzelnen Projekte können dabei relativ klein sein.
Innerhalb der Gemeinschaftsinitiative Interreg III, mit der
grenzüberschreitende Kooperationen gefördert werden, laufen mit
balearischer Beteiligung genau 20 Projekte. Dazu gehört Rinamed,
bei der französische, italienische und spanische Mittelmeeranrainer
unter der Leitung Kataloniens das Bewusstsein für Umwelt– und
Naturschutz fördern wollen. Von dem Gesamtbudget fließen 273.600
Euro auf die Balearen, von denen die Autonome Regierung die Hälfte
selbst aufbringt. Bei SIMT geht es um die Förderung des
nachhaltigen Tourismus durch Marketing, hier ist der Hotelverband
der Playa de Palma unter Führung Liguriens bei der Sache, 50
Prozent der anfallenden Kosten, genau 23.032'01 Euro, werden auf
den Balearen aufgebracht.
Unter balearischer Führung läuft das Programm Medwet/Regions,
bei dem Regionen aus Frankreich, Italien und Spanien mit insgesamt
2'28 Millionen Euro den Schutz von Feuchtgebieten verbessern
wollen. Von dem Balearen-Budget in Höhe von 268.000 Euro kommen
110.000 aus dem Fonds.
Die gemeinsame Finanzierung ist laut Maria Marquès ein
Grundpfeiler der Vergabe der Fördermittel. So soll sichergestellt
werden, dass mit dem Geld nicht geschludert wird. Die Kontrollen
sind dennoch streng, wie erst kürzlich das balearische
Umweltministerium erfahren musste. Weil das
Posidonia-Schutzprogramm nicht begonnen wurde, drohte die EU, die
Balearen auf eine schwarze Liste zu setzen. Von den zugesagten drei
Millionen Euro waren 1'2 bereits als Vorschuss überwiesen worden,
ohne das etwas damit passiert wäre.
Umweltminister Francesc Fiol hat schnell reagiert, eine leichte
Modifikation im Projekt eingebracht und einen Aufschub erlangt. Wie
die Staatssekretärin betont, muss die Region, die Fonds empfängt,
in der Regel ein Projekt vorfinanzieren. Entspricht alles den
Regeln, überweist die EU aus den entsprechenden Töpfen das
Geld.
Wie lange das noch der Fall sein wird, vermag Maria Marquès, die
bereits seit zwölf Jahren im Ministerium tätig ist, nicht zu sagen.
„Mit dem Betritt der zehn Länder im Jahr 2004 werden die Karten
komplett neu gemischt”, weiß sie. Spanien wird nicht mehr zu den
armen Ländern gehören, und die Balearen erst recht nicht.
Dennoch „bleibt die Tatsache bestehen, dass wir durch die
Insellage strukturelle Nachteile haben”, meint sie. Es könne also
durchaus Formeln geben, dass die Balearen auch über 2006 hinaus
Projekte mithilfe europäischer Strukturfonds durchführen können.
„Davon ausgehen darf man allerdings nicht”, warnt sie.
Stellt sich die Frage, warum hiesige Politiker bei der
Präsentation groß angelegter Projekte wie etwa der Rundumerneuerung
der Playa de Palma so gerne davon sprechen, EU-Fonds anzapfen zu
wollen. Weil das eine politische Frage ist, antwortet Marquès
vorsichtig: „Theoretisch ist es möglich, den Teil der von 2000 bis
2006 zugebilligten Gelder, die noch nicht ausgegeben oder fest
verplant sind, neu zu verteilen.” Das EU-Reglement sehe zur
Halbzeit des Strukturprogramms eine Revision vor, „wenn man das
wollte, könnte man diese zu einer Neuorientierung nutzen”.
Besonders überzeugt scheint sie von dem Sinn einer solchen
Aktion nicht zu sein. Meldungen, bei denen es um künftige EU-Mittel
geht, sollten also mit Vorsicht genossen werden.
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