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Andreas H. war geschockt, als er den Wunschzettel seiner 14-jährigen Nichte zu Weihnachten bekam: „Liebes Onkelchen. Ich weiß, dass der Computer, den du mir versprochen hast, eigentlich für Geburtstags– und Weihnachtsgeschenk zusammen sein soll. Aber vielleicht reicht es ja doch noch für ein paar andere Wünsche...”. Dann legte sie los: Ihre Liste umfasst etwa 20 Punkte, fein säuberlich in zwei Kategorien unterteilt nach „dringend” und „würde mich auch freuen”. Das Schlimmste für „Onkelchen Andreas”: „Der Brief war nicht mal handschriftlich verfasst, sondern per E-Mail.” Er ging mit dem Schreiben zu einem befreundeten Psychologen: „Ob mit meiner Nicht wohl noch alles in Ordnung ist?”, fragt er sich besorgt.

Der Psychologe beruhigte ihn: Das Mädchen habe zwar eine lange Liste gemacht. Aber ihre Prioritäten nicht etwa nach dem Geldwert der Wünsche festgelegt. Über einen relativ billigen Fanartikel einer total angesagten Musikgruppe würde sie sich genauso freuen wie über ein neues Mountainbike. Andreas hat inzwischen beschlossen, der Nichte nicht nur besagte T-Shirts und Poster zu schenken, sondern obendrein eine Karte für das nächste Konzert, um sich so noch tiefer in das Herz des Teenagers einzuschmuggeln.

Auch an der deutschen Schule „Can Hasso” in Magaluf hat Lehrerin Diana Glock festgestellt, dass die Kinder ganz schön materialistisch sind. Viele Eltern seien wohlhabend, dementsprechend trauen sich die Kinder auch große Wünsche zu formulieren. „Aber wenn man sie ein wenig anschubst, dann kommen auch ganz andere Wünsche zu Tage.” Wünsche, die man nicht kaufen kann: Gesundheit für die Familie, ein Ende des Krieges im Irak, dass sich die Eltern nicht so viel streiten.

Bei der dritten und vierten Klasse steht das Thema Weihnachten auf dem Stundenplan. Sie beschäftigen sich mit Brauchtum, formulieren Weihnachtsgrüße, schreiben Wunschlisten, sollen sich über das Geben und Nehmen und soziale Aspekte Gedanken machen.

Ein heikles Thema ist der Weihnachtsmann: Die allermeisten Erst– und Zweitklässler glauben noch an seine Existenz. Schulleiter Frank Bauchrowitz: „Wir lassen diese Frage wenn möglich im Elternhaus beantworten. Von unserer Seite werden da keine Illusionen zerstört.” Je älter die Kinder werden, desto mehr Zweifel kommen auf. „Das wird teilweise ziemlich heftig diskutiert”, sagt Diana Glock.

Auch in der deutschen Schule Eurocampus in Palma formulieren die ganz Kleinen ihre Wünsche an den Weihnachtsmann noch mit Feuereifer. „Ich werde oft gefragt, ob es den Weihnachtsmann tatsächlich gibt”, sagt Grundschullehrerin Mirja Rauschendorf. „Ich denke, man sollte sie im Glauben lassen. Es regt die Fantasie an. Spätestens in der dritten oder vierten Klasse ist sowieso Schluss damit.” Auch sie gibt den Kindern Anregungen, nicht nur an die eigenen Wünsche zu denken, sondern auch an die anderen.

Ganz „out” ist der gestiefelte Geschenkebringer aber auch in der dritten und vierten Klasse noch nicht: „Ich schreibe dem Weihnachtsmann. Und das klappt dann normalerweise auch”, sagt Hugo (7). Ein Klassenkamerad weiß auch, wie Wünsche wahr werden: „Der Mann bringt sie aus Grönland. Dort werden sie mit einer Maschine gemacht. Das ist Magie.”