Molt d'Anys” – „Viele Jahre” – wünschen sich die Mallorquiner
zum Jahreswechsel. Und sie begehen dieses Datum laut und fröhlich.
Denn zu Silvester steht für Spanier nur eines auf dem Programm:
feiern. So laut wie möglich, so lange wie möglich, so viel wie
möglich.
Früher feierte man um keinen Preis zu Hause. Wer immer es sich
leisten konnte, ging aus. In ein Restaurant, zu einer Show, in die
Disco oder wenigstens in eine Bar. Seit die Preise für
Silvestermenüs astronomische Höhen erreicht haben, bleibt man
hierzulande zum Essen oft zu Hause und geht erst danach aus.
Was für die Deutschen Marzipan–Schweinchen, Kaminkehrer,
Hufeisen und Kleeblatt sind – nämlich Glücksbringer für das neue
Jahr – das sind für die Spanier die Weintrauben, die „Uvas de
suerte”. In der Silvesternacht, wenn die Uhr zwölf schlägt, isst –
oder besser gesagt verschlingt – man bei jedem Glockenschlag eine
Traube. Der Brauch kam von Frankreich nach Spanien, weil die
hiesigen Winzer damit ihre Produkte auch ungekeltert an den Mann
bringen konnten. <> Im Laufe der Zeit nahmen die Trauben fast
magische Gestalt an. Jede Frucht schließe in ihrem Inneren einen
Wunsch oder eine gute Eigenschaft ein. Das Traubenessen ist längst
ein nationales Ereignis. Nicht jede Uhr im Land hat das Privileg,
die letzten zwölf Sekunden zählen zu dürfen. Diese Ehre kommt
eigentlich nur der großen Turmuhr an der Madrider Puerta del Sol
zu.
Hier versammeln sich in der Silvesternacht Tausende von
Menschen. Das Ganze wird in alle Teile des Landes per Fernsehen
übertragen. Der Brauch ist auf Mallorca und auf dem spanischen
Festland seit jeher an der Tagesordnung.
Man macht sich schön zu Silvester. Die Schaufenster der
Modegeschäfte und Boutiquen sind zur Zeit nicht nur in Palma mit
festlicher Garderobe dekoriert. Hautbetonte Roben mit Sex-Appeal
sind in diesem Jahr besonders gefragt. Und Glitzer und Glamour muss
zu Silvester ein.
Es ist hierzulande durchaus üblich, dass sich die Señora zu
Silvester einen spektakulären neuen Fummel zulegt. Die Herren
kommen oft im dunklen Anzug, den sie möglicherweise das ganze Jahr
über nicht getragen haben. Und rote Unterwäsche soll sowieso Glück
bringen, auch wenn man sie erst zu späterer Stunde sieht.
Wer am reservierten Tisch im Restaurant nach Mitternacht nicht
schwofen kann, zieht in eine Disco. Die neue, alte Meile am Passeig
Maritim wird in der „Nochevieja”, wie man die Silvesternacht in
Spanien bezeichnet, mit Sicherheit ebenso besucht sein, wie die
Bars und Pubs rund um die Lonja. Wichtig zu Silvester ist auch der
„Cotillón” – eine Tüte, in der sich alles befindet, was man in
Deutschland normalerweise zu Karneval goutiert: eine bunte Mütze
aus Papier, vielleicht auch eine dicke Plastiknase, dazu Tröten,
Konfetti, Papierschlangen und viel Schnickschnack.
Um Mitternacht gibt es, wo auch immer man sich befindet, die
besagten, berühmten Glückstrauben. Und Feuerwerk. Nicht nur in
Palma, sondern auch in den Feriengebieten, oft sogar auf den
Dörfern. In Palma trifft man sich auf der Plaça Cort zum
Jahreswechsel. Auch hier, wie in Madrid, Tausende von Menschen, die
den Jahreswechsel gemeinsam begehen wollen. Hier schlägt die
Turmuhr des Rathauses für alle Mallorquiner. Dann werden die
letzten verbliebenen Knaller abgeschossen. Denn meist beginnt die
Knallerei schon mit Einbrechen der Dunkelheit. Sozusagen zum Üben.
Man weiß ja nie, was das neue Jahr bringt. „Molt d'Anys” – Viele
Jahre!
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