Kein Zweifel – neben der Kathedrale, der Lonja und dem Schloss
Bellver sind die Patios von Palma, die historischen Innenhöfe, das
wichtigste Kulturerbe der Stadt. „Ich kenne keine Stadt”, sagt
Mercedes Truyols, Direktorin der Tourismusinformationsbüros in
Palma, „die nicht nur so schöne, sondern auch so zahlreiche Patios
aus so unterschiedlichen Zeiten hat.” Anlässlich von Fronleichnam
(„Corpus Cristi”) sind 57 Innenhöfe bis zum 13. Juni für die
Öffentlichkeit zugänglich. Es gibt auch geführte Rundgänge.
Die Patios sind unverzichtbares Bauelement der historischen
Stadtpaläste. „Sie zeugten von Reichtum und Bedeutung der Besitzer,
waren eng mit dem wirtschaftlichen und sozialen Leben der Insel
verknüpft”, erzählt Mercedes Truyols. Um den Patio gruppieren sich
die einzelnen Bauteile der Palacios. Zur Galerie im ersten Stock
führt meist eine schön geschwungene Treppe. „In den ganz alten
Palästen waren die Treppen noch direkt an den Hauswänden, später in
Renaissance und vor allem im Barock baute man prächtige
Freitreppen, auf die die Besitzer sehr stolz waren. Besondere
Beispiele für eine solche Treppe haben Can Vivot oder Casal
Solleric.”
Unabdingbar ist auch der Brunnen im Innenhof. Es gab aber auch
die Forderung, dass mindestens 25 Reiter samt ihren Pferden bequem
im Innenhof Platz finden mussten, dies ein Erbe aus ritterlichem
Zeitgeist. Fackeln, die den Hof erhellten, mussten so angebracht
sein, dass man hoch zu Ross darunter herreiten konnte.
Viel wichtiger aber, so Mercedes Truyols, war der Patio als
Empfangsraum für die Landarbeiter des Besitzers. „Es gab Stühle und
Bänke, an den Wänden, auf denen die Bauern saßen und mit dem Herrn
verhandelten. Der hatte meist ein Büro gleich rechts neben dem
Haupteingang, zu erreichen über eine kleine Treppe. In den Patios
traf das Land auf die Stadt.”
In der ersten Etage, der so genannten „Planta Noble”, wohnte die
Familie, die oft sehr zahlreich war. „Familien hatten oft vier bis
sechs Kinder, der älteste Sohn lebte meist mit seiner Familie im
Haus. Wenn man noch Gesinde und Personal hinzu rechnet, wohnten
leicht bis zu 30 Personen in einem Palast.” Im Stock über der
„Planta Noble” wohnte das Gesinde. Der nach italienischem Muster
darüber befindliche Halbstock diente als Lagerraum. Aber auch im
Patio wurden die Landwirtschaftsprodukte gelagert, bevor sie
entweder exportiert oder auf der Insel verkauft wurden.
Auffallend sind die vom italienischen Vorbild völlig
abweichenden „mallorquinischen” Halb– oder Korbbögen: Eine
Stilbesonderheit, die sich aus dem für die Konstruktion verwendeten
Material ergab. Der Sandstein aus Santanyí, dem auch die Kathedrale
viel von ihrer Schönheit zu verdanken hat, ließ sich nicht zu den
italienischen Renaissance-Bögen zwingen, sondern nur zu in der Höhe
abgeflachten Bögen verarbeiten.
Die Fassaden sind durchweg schlicht, gelegentlich mit einer
Loggia, wie beim Palacio Solleric oder beim Consulado del Mar
versehen. Schlicht auch die Portale, die metallene, manchmal
vergoldete Türklopfer aufweisen. Deren Formen wurden ebenfalls aus
Italien importiert. Das arabische Wort „aldaba” – Türklopfer –
weist allerdings darauf hin, dass diese Art von „Klingelknopf”
schon bei den Arabern Sitte war.
Die Innenhöfe im Zentrum von Palma sind bis 13. Juni geöffnet.
Mehrmals wöchentlich geführte Rundgänge auch in deutscher Sprache.
Anmeldung unter Telefon 971 71 15 47. In den
Tourismusinformationsbüros gibt es Boschüren, in denen alle Patios
mit einer kleinen Beschreibung aufgeführt sind. Dazu gibt es ein
Musikprogramm.
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