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Herbert Wöhe aus Heiligenhaus versteht die Welt nicht mehr: Seit Jahren mache er mit seiner Familie vier Wochen Urlaub im Jahr auf Mallorca. In dieser Zeit habe er viele Restaurants in unterschiedlichen Preisklassen kennen und schätzen gelernt. Doch nach seinem letzten Besuch im Fischrestaurant „Galicia” in Port d'Andratx habe er sich doch sehr gewundert: 450 Gramm frische Gambas, die er bestellt hatte, schlugen mit 57'15 Euro zu Buche, was einem Kilopreis von 127 Euro entspricht. Ist Herbert Wöhe tatsächlich „übervorteilt” worden, wie er vermutet, oder ist dieser Preis noch normal?

MM fragte beim Wirt der „Marisquería Galicia”, Toni Savada, nach. Der wundert sich seinerseits über die Klagen seines Gastes: „Der Preis steht doch auf der Karte. Wenn die Gambas ihm zu teuer waren, warum hat er sie dann bestellt?” Natürlich sei die große rote Gamba, die auf der Insel auch mallorquinische Gamba genannt wird, ein teures Produkt. Einen Mercedes gebe es auch nicht zum Preis eines Kleinwagens, vergleicht er.

Die Preise, beteuert er, werden durch die Marktlage gemacht. Er kaufe seine Ware im Olivar-Markt in Palma ein. Dort habe er für die größte Sorte der mallorquinischen Gamba am Tag des Gesprächs mit MM 85 Euro pro Kilo bezahlt. „Ohne IVA.” Bei einem Verkaufspreis von 127 Euro pro Kilo sei die Marge für ihn nicht gerade überwältigend. Und an manchen Tagen, wenn die mallorquinischen Fischer mit weniger Ausbeute in den Hafen einlaufen, oder wenn die Nachfrage steige, bleibe für ihn unterm Strich noch weniger übrig. „Die Gamba ist das Produkt, an dem ich am wenigsten verdiene”, sagt der Wirt. „Aber viele Gäste kommen vor allem wegen der Gambas zu uns.”

Die Klage des Kunden sei ein „kulturelles Problem”. Urlauber wüssten oft nicht darüber Bescheid, wie die Preise zustande kommen. Bei seinen Stammgästen gebe es da keine Probleme. Die wüssten, dass er sie nicht übers Ohr haue.

Ein Gang in den Olivar-Markt bestätigt das hohe Preisniveau für die mallorquinische Gamba und einheimische Fischsorten wie den Drachenkopf („Cap Roig”) auf den ersten Blick: Am Dienstag kostete das Kilo der größten Garnelensorte 69 Euro, das Kilo Drachenkopf knapp 30 Euro. Die Fischhändler bestätigen, dass sich die Preise täglich ändern, je nach Wetterlage, Ausbeute und Nachfrage.

Neben der mallorquinischen Gamba sind dort verschiedene andere Gamba-, Langostino- und Langusten-Sorten aus anderen spanischen Regionen und anderen Ländern zu haben. Die Preisunterschiede sind erheblich, was auch die unterschiedlichen Preise der Restaurants erklären mag. Wo „frische Gambas” draufsteht, muss noch lange keine mallorquinische Gamba drin sein. Kurioserweise sind die vom anderen Ende der Welt hertransportierten Meeresfrüchte und Fische günstiger als einheimische Ware.

Fazit: Wer im Fischlokal auf Nummer sicher gehen will, was er vorgesetzt bekommt, sollte am besten bei der Bestellung nach Herkunft und Preis fragen, um am Ende keine böse Überraschung zu erleben.