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Palma wäre nicht Palma ohne die vielen stillen Patios, die dem Besucher häufig erst beim zweiten Stadtbummel ins Auge fallen. Sie sind typisch für die Stadtpaläste im Altstadtkern, die sich in den engen Gassen um die Kathedrale und in der Llonja konzentrieren. Die herrschaftlichen Gebäude in der Hauptstadt und die Landsitze reicher mallorquinischer Familien prägen das Bild der Insel, wenn es um die Definition des „typisch Mallorquinischen” geht.

Wie wichtig der Volksseele die Erhaltung dieser Güter ist, ist am Beispiel des millionenteuren Kaufs und der geplanten Restaurierung des Landguts La Raixa durch Inselrat und Madrider Regierung zu beobachten. In Palma wurden einige emblematische Gebäude wie zum Beispiel das Casal Solleric zu Museen oder Behördensitzen umfunktioniert und so vor dem Verfall gerettet. Andere sind Spekulanten in die Hände gefallen, die – wie am Borne – die Gebäude leer stehen und verrotten lassen.

Für manchen einheimischen Besitzer ist die Umwandlung in eine touristische Nutzung der rettende Anker vor dem finanziellen Ruin durch die Instandhaltung oder gar Renovierung der schönen, aber kostspieligen Gebäude und Grundstücke.

Vor 15 Jahren noch, erinnert sich Brigitte Förster, Geschäftsführerin des balearischen Agrotourismus-Verbands, sei man bei einer Inselrundfahrt an vielen halb verfallenen „Possessiós” vorbei gekommen. „Heute ist es wieder schön, über Land zu fahren.” Seit der Gründung des Verbands ist die Zahl der bäuerlichen Anwesen, die teilweise oder ganz auf Gästebetrieb umgestellt haben, von 14 auf 115 gewachsen. Weitere 20 bis 30 Landhotels arbeiten verbandsunabhängig.

Von den 115 organisierten Häusern seien nur fünf oder sechs in ausländischem Besitz. Der Grund: Mancher Traum vom Hoteliersdasein auf Mallorca ist wahrscheinlich beim Blick auf die Immobilienpreise geplatzt. Für eine mallorquinische Familie mag es rentabel sein, den nicht mehr lohnenden landwirtschaftlichen Betrieb auf Fremdenverkehr umzurüsten. Doch wer zu den Renovierungskosten noch einen saftigen Kredit abzahlen muss, tut sich sehr schwer, hat Brigitte Förster beobachtet.

„Zu Beginn wurden wir als Illusionisten dargestellt.” Doch für viele Betriebe hätten sich Mühe und Kosten bezahlt gemacht. In den Landgütern sei inzwischen eine zweite Generation herangewachsen, die Betriebswirtschaft und Hoteliersgewerbe studieren und das Familienunternehmen noch profesioneller als die Eltern betreiben. Nebeneffekt: „Die Jugend kehrt aufs Land zurück.” Die Agrotourismus-Fincas oder Landhotels sind heute mehr denn je im Trend, seit sich die Urlauber ihre Reisen zunehmend individuell zusammenstellen. Offenbar gefällt vielen ausländischen Besuchern das Flair der guten, alten Zeit. Die meisten Häuser sind mit alten Möbeln der Familien eingerichtet, nur wenige setzen auf den Kontrast zwischen alten Mauern und moderner Einrichtung. „Komfort lässt sich mit dem traditionellen Stil verbinden”, sagt Brigitte Förster.

Wer nicht gerade auf der Finca urlaubt, kann auf Mallorca in zwei zum Museum umfunktionierten Fincas das Landleben von einst kennenlernen: in „Els Calderers” und „La Granja”.

Einen guten Überblick über die Geschichte der mallorquinischen Herrenhäuser gibt der spanische Bildband „Casas Señorales de Mallorca” (ISBN 1 900826 02 X). In einem Vorwort beschreibt Diandra Douglas, Ex-Frau des US-Schauspielers und Mit-Besitzerin des Landguts S'Estaca, den besonderen Reiz der Stadtpaläste und Landgüter: Anhand ihrer Architektur lasse sich die wechselhafte Geschichte der Insel gut nachvollziehen; dort sind die Einflüsse der verschiedenen Kulturen über die Jahrhunderte hinweg noch heute lebendig.