Alle Mann an Deck.

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Dagmar Tarnogorski ist zufrieden. Die zweiwöchige Hafenausbildung und die vierwöchige, strapaziöse Fahrt von Kiel nach Palma sieht man ihr nicht an. Ihre Augen leuchten, und ein strahlendes Lächeln, das jeden anstecken muss, huscht über ihr Gesicht. Heute gab es nach langer Zeit wieder Post von der Familie und den Freunden aus Deutschland. „Heimweh? Nein, das ist eigentlich kein Thema.” Klar vermisse man die Familie. Aber auf See gebe es so viel zu tun, dass einem nur wenig freie Zeit bleibe.

Obwohl die 19-jährige Sanitätsoffiziersanwärterin aus dem norddeutschen Schwanewede in ihrer weiteren militärischen Laufbahn mit Segeln wohl nichts mehr zu tun haben wird, hat auch sie das volle Ausbildungsprogramm auf der „Gorch Fock” durchlaufen. Aufstehen um fünf, täglich die Hängematten wegräumen, bei Wind und Wetter in der Takelage arbeiten und die maximal 23 Segel mit einer Gesamtfläche von über 2000 Quadratmeter setzen.

Dagmar Tarnogorski ist eine von 20 Frauen auf der „Gorch Fock”. Dass sie eine zierliche Statur hat, spielt im harten körperlichen

Bordalltag keine Rolle. Sie wird weder bevorzugt noch muss sie sich gegenüber der männlichen Besatzung behaupten. „Wir machen alle die selbe Arbeit.” Auch wenn eine Kameradin von Dagmar sich immer Watte in die Ohren steckte, um das Gebrumme der Klimaanlage und das Geschnarche der anderen fernzuhalten, das Schlafdefizit macht den Kadetten zu schaffen. Da ist es auch nur ein schwacher Trost, dass jene Dienstgrade, die eine eigene Koje haben, der Meinung sind, in Hängematten schlafe es sich bei rauher See besser, da man nicht hin und her gerollt werde.

„Manchmal”, resümiert Dagmar die Zeit auf dem Segelschulschiff, „war es schon ganz schön hart. Aber ungeachtet dessen ist es auf jeden Fall die intensivste und beste Zeit in meinem Leben gewesen.” „Und das Essen an Bord ist super”, ergänzt ein Kadett, der sich gerade seine blütenweiße Uniform für den Landgang zurecht zupft. „Auch wenn es jeden Freitag Fisch gibt.”

In der Nacht vom 24. auf den 25. September wurde die Crew gewechselt; 100 neue Kursteilnehmer kamen an Bord. Am 8. Oktober läuft die „Gorch Fock” in Richtung Tanger aus. Bis dahin müssen die neuen Kadetten der 140. Auslandsausbildungsreise alle für das Segeln wichtige Handgriffe im Hafen üben. Ihre Vorgänger befinden sich bereits wieder zur weiteren Offiziers-Ausbildung in Deutschland.

„Das ist auch für die Zuschauer an Land ein interessantes Spektakel”, meint Kapitänleutnant Jan-Steffen Glenewinkel. Zuerst werde sozusagen auf dem Trockenen geübt. Und zum Ende der Ausbildung im Hafen, so ab Dienstag (5. Oktober), gebe es viel in luftiger Höhe zu sehen. Aufentern und Segel setzen. So lange, bis alles reibungslos klappt. „Auf See muss alles sitzen”.

„Zuerst erklimmen die Neulinge die Takelage wie ein Chamäleon. Unheimlich langsam. Und die Gesichtsfarbe wechselt ständig”, scherzt der für die seemännische Ausbildung verantwortliche Segeloffizier mit einer Besuchergruppe. „Aber das ist schließlich jedem von uns so ergangen.”

Die „Gofo”, da sind sich die Offiziere einig, ist eine der sichersten Windjammer der Welt. Segel und Taue seien doppelt so stark angefertigt wie erforderlich. „Da reißt nichts.”

Die Galionsfigur der stolzen Dreimast-Bark wurde dem hohen Sicherheitsanspruch bisher allerdings nicht gerecht. Bereits zweimal brach die Albatros-Figur ab und versank im Meer. Dafür fand sie Einzug in dem vom Bund der Steuerzahler frisch aufgelegten Schwarzbuch, in dem alljährlich die Verschwendung öffentlicher Gelder angeprangert wird. Die Sturzflüge des Albatros schlugen immerhin mit 114.000 Euro zu Buche.