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Wenn Spanier in Streit geraten, geht es – zumindest verbal – meist deftig zu. Politiker sind da keine Ausnahme, und selbst in den heiligen Hallen der Demokratie geht ihnen im Eifer des Gefechts so manches skatologische Unwort über die Zunge. Doch nun ist der zunehmende Gebrauch der Fäkalsprache selbst dem Präsidenten des Balearen-Parlaments, Pere Rotger (PP), zu viel geworden. „Die Umgangsformen sind abhanden gekommen”, ermahnte er die Fraktionsführer am Dienstag. Sie sollten dringend auf ihre Parteifreunde einwirken, „verbale Missklänge und obszöne Gesten” zu vermeiden.

Der jüngste Vorfall, der Rotger zum Einschreiten veranlasste, war der Schlagabtausch zwischen dem balearischen Tourismusminister Joan Flaquer (PP) und dem Parteichef der regionalen Sozialisten, Pere Sampol (PSM). Die Debatte drehte sich einmal mehr um die Rasputin-Affäre, dem umstrittenen Nachtclub-Besuch einiger Ministeriumsmitarbeiter während einer offiziellen Delegationsreise nach Moskau.

Die Opposition forderte zum wiederholten Male den Rücktritt des obersten Behördenchefs Flaquers. „Sparen Sie sich Ihr zynisches Lächeln und ziehen Sie gefälligst den Kopf ein, wenn Sie schon nicht zurücktreten”, hielt Sampol Flaquer vor. Der konterte mit „payaso”, also Clown, so dass sich Sampol zu einem zwischen den Zähnen herausgepressten „putero”, zu deutsch gemeinhin Hurenbock, hinreißen ließ.

Der so Gescholtene hob daraufhin die Hand und spreizte Zeige– und kleinen Finger, was signalisieren sollte, dass es sich bei seinem Politikerkollegen um einen gehörnten Mann handele. Fuchsteufelswild beschwerte sich Sampol beim Parlamentspräsidenten Rotger, der die beiden Herren zur Zurückhaltung aufrief.

Schon vorher war im Parlament die Stimmung gereizt gewesen, als bei der Debatte um die Finanzhilfen wegen der „Prestige”-Öltankerkatastrophe Ausdrücke wie „Lügner” und „Gauner” gefallen waren.

Rotger hat als oberster Hausherr im Parlament nicht nur wegen der kommunikativen Dissonanzen alle Hände voll zu tun. Derzeit machen dem Präsidenten auch ein Dutzend verschwundener Kleingemälde zu schaffen. Nachdem Parlamentsmitarbeiter die Aquarelle und Kohlezeichnungen der US-Malerin Ellis Jacobson nicht mehr auffinden konnten, wurde diese Woche bei der Polizei Anzeige erstattet sowie der Versicherung der Verlust avisiert.

Seit 1983 führt das Parlament über alle seine Besitztümer, zu denen auch erworbene oder als Geschenk erhaltene Kunstwerke zählen, genau Buch. Die Gemälde hängen unter anderem in den Sälen, Wandelhallen Besprechungssälen und Büros der Abgeordneten. Bei einer Überprüfung der Inventarliste fiel nun ihr Fehlen auf. Niemand weiß, wann und wie die Bilder weggekommen sind.

Ein Grund dafür, dass die Stimmung in dem hohen Haus ein wenig gereizter war als sonst, mag auch daran gelegen haben, dass den Politikern diese Woche das Rauchen verboten worden war. Seit Mittwoch ist der Tabaksqualm aus dem Parlament verbannt, lediglich im grünen Salon dürfen noch Zigaretten glimmen. Möglich wurde dies durch einen parteiübergreifenden Beschluss. Er setzt bereits um, was ein noch zu verabschiedendes Gesetz festschreiben wird. Sehr zur Genugtuung Rotgers: „Wir Abgeordnete haben Vorbild zu sein.”