Wer in den vergangenen 30 Jahren in der ARD Nachrichten gesehen
hat, kennt das Gesicht von Fritz Pleitgen. Die Frage „wie oft hat
man ihnen gesagt, dass sie in Wirklichkeit viel größer sind, als
sie im Fernsehen wirken”, entlockt dem knapp 1'90 Meter großen Mann
nur ein müdes „auf dem Bildschirm muss ich wirken wie ein
Zwerg”.
Mit 66 Jahren ist der Intendant des Westdeutschen Rundfunks
aktiver denn je, absolviert 16-Stunden-Arbeitstage und reagiert auf
das Wort „Rente” eher allergisch. „Mein Schicksal sind
16-Stunden-Tage”, sein Vertrag gehe noch bis 2007, über eine
Verlängerung sei nichts entschieden. Außerdem ist er turnusgemäß
stellvertretender ARD-Vorsitzender sowie Vizepräsident der European
Broadcasting Union (EBU), einem Zusammenschluss von 71
Rundfunkanstalten aus 52 Ländern Europas, Nordafrikas und des Nahen
Ostens.
Vor lauter Arbeit hat er in diesem Jahr fast vergessen, Urlaub
zu machen. Da er als EBU-Vize auch für die Sportrechte zuständig
ist, war er je eine Woche bei Olympia und der Fußball-EM „und hatte
den Eindruck, das sei Urlaub”. Seine Frau Gerda belehrte ihn eines
Besseren, er kratzte im Oktober ein paar freie Tage zusammen,
verlegte einige Termine und reiste auf Empfehlung des ARD-Kollegen
Ulrich Deppendorf auf die Insel; am Mittwoch ging es wieder nach
Hause.
„Mallorca ist wie ein Seufzer der Erleichterung und des
Wohlgefühls”, schwelgt der gelernte Journalist, „die Erholung
beginnt hier sofort, auch wenn man noch mitten in der Karriere
steht und sich Arbeit mitbringen muss.” Obwohl er viel zu lesen hat
und „mächtig unter Stress stand, fühle ich mich schon erholt”.
Das Ehepaar Pleitgen schwimmt im Meer („das ist hier
wunderschön”), besucht Bekannte in Cala Figuera („wunderbare
Gegend”) oder einen Kollegen bei Artà („das war ein Gedicht”). Das
Fazit des Fernseh-Profis: „Hier könnte man einen Film nach dem
anderen drehen.”
In der Tat hat Pleitgen schon Ende der 60er Jahre einen Film auf
Mallorca gedreht. Für die Tagesschau machte er eine Reportage über
die Tatsache, dass die Insel vor einem touristischen Boom stehe.
Schon damals fand er „faszinierend, wie viele Flugzeuge starteten
und landeten”. 1990 kehrte er wieder, um mit vier Kindern den
Osterurlaub im Club Robinson zu verbringen.
Jetzt kam er zum dritten Mal, und er konstatiert, dass sich er
Ruf Mallorcas in Deutschland deutlich verbessert hat. Einst habe es
als „Absteige für die Masse” gegolten, jetzt hätten allein die
vielen Prominenten das Image verwandelt.
Einen aktuellen Beitrag über dieses Thema wird Pleitgen trotz
aller Lust wohl nicht machen: „Es ist irrsinnig schwierig”, bei den
vielen Verpflichtungen „noch etwas zu drehen”. Es schwingt Wehmut
in seiner Stimme, wenn er sagt, dass er „immer noch enge Kontake zu
Journalisten” halte und alle zwei Wochen den „Presseclub”
moderiere.
„Ich hatte ein erfülltes journalistisches Leben”, tröstet er
sich, den WDR hält er „für den besten Sender in Europa”, eine
„gediegene Einheit”. Seit 40 Jahren ist er für die Anstalt „auf
allen Etagen” tätig, „der Sender ist meine Leidenschaft”, die
Tätigkeit im Management „keine Beschwernis für mich”, der „Abstieg
zum Indendanten” mithin kein Problem.
Und wenn es zwischendurch doch einmal zu stressig werden sollte,
hat Gerda Pleitgen schon ein Rezept zur sofortigen Blitz-Erholung:
„Nach Mallorca kommt man in drei Stunden von der Haustür daheim zum
Hotel.”
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