Stille und Einsamkeit, ein paar vertrocknete Blumen, herrenlose
Katzen und aus der Ferne Lärm der Großstadt regieren fast das ganze
Jahr auf dem Zentralfriedhof von Palma. Nur zu Allerheiligen am 1.
November – mallorquín „Tots Sants” – spanisch „Todos los santos” –
ist der Friedhof der meistbesuchte Ort der Stadt. Aber auch in den
anderen Städten und Dörfern der Insel statten Tausende von Bürgern
ihren Toten dann einen Besuch ab.
Schon Tage zuvor werden die Gräber und Nischen geschmückt,
bringt man Blumen und Kerzen. Gärtnereien und Blumengeschäfte
machen dann das Geschäft des Jahres. In Palma sind an den
Zufahrtsstraßen zum Zentralfriedhof Verkaufsstände aufgebaut.
Lieblingsblume der Mallorquiner zu Allerheiligen ist die
Chrysantheme in vielen verschiedenen Farben.
Der Brauch, den Toten einen ganz bestimmten Tag zu weihen,
stammt noch aus heidnischer Zeit. Schon die Römer ehrten die
Verstorbenen. Dass sie dies auch den frühen Christen zugestanden,
war ein staatspolitisch kluger Schachzug. Neben den Göttern Roms
gestatteten sie auch den Göttern der eroberten Völker einen Sitz im
Pantheon; ihnen wurde ein Platz des Respekts und der Verehrung
eingeräumt – so eben auch dem christlichen Gott, seinen Heiligen
und den Verstorbenen.
Unter dem römischen Kaiser Hadrian wurde das Pantheon in Rom um
120 n.Chr. erbaut, war zunächst heidnisch, wurde aber um 610 unter
Papst Bonifaz IV. eine christliche Basilika. Schon 200 Jahre später
gab es in dieser ehemaligen „Götterhalle” ein Fest aller Märtyrer
und Heiligen. Das hat sich in allen katholischen Ländern,
insbesondere im Mittelmeerraum, bis heute erhalten. Man betet an
den Gräbern um die Erlösung der Heiligen und Seeligen im Vertrauen
auf Gott. Wobei denn auch die Hoffnung auf die eigene Erlösung
mitspielt.
Dem Brauch nach muss man zu Allerheiligen die ersten, nach
Möglichkeit selbst gesammelten Schnecken essen, wenn es denn in den
Tagen zuvor ausreichend geregnet hat. In vielen Regionen werden
auch Kastanien geröstet. Ein Sprichwort sagt: „Per Tots Sants,
castanyes, i cargols amb banyes”.
Auf Mallorca unverzichtbar sind die „Panellets”, kleine, süße
Küchlein mit Eigelb, Mandeln, Vanille oder Mokka – und in vielen
anderen Variationen. Sie gehören zu diesem Festtag wie die
Chrysanthemen und der Gang zum „Cementerio”. Sie sind so köstlich
wie kalorienreich. Aber die Energiezufuhr tut gut – zu
Allerheiligen kann es auch auf Mallorca schon einmal kalt sein.
Auch dazu ein Sprichwort: „Per Tots Sants, els camps verds i els
cims blancs – Zu Allerheiligen die Felder grün, die Gipfel (der
Berge) weiß.”
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