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Er reißt zusammen mit 600 Fans die Arme hoch. Gerade ist kurz vor dem Schlusspfiff das Tor zum 2:0-Endstand für Atlético Baleares gegen die Mannschaft von España aus Llucmajor gefallen. Und Immobilien-Unternehmer Matthias Kühn, inzwischen zum Vize-Präsidenten gewählt, freut sich.

Das Tor machte Lucas. Am Anfang hatte Kühn gesagt: „Achte mal auf die 25. Das ist ein Guter. Lucas heißt der.” Ansonsten kann Kühn dem Fünftliga-Kick („Regional Preferente”) lange Zeit nicht viel abgewinnen. „In den letzten Spielen waren sie besser. Heute wirkt die Mannschaft irgendwie nervös.” Warum, das weiß der große Blonde aus dem deutschen Norden nicht. Es ist genau genommen auch nicht sein Job. Kühn wirbelt auf anderen Ebenen, um Atlético Baleares, auch schon als „1. FC Kühn” bekannt, zu neuem Ruhm zu verhelfen.

„Ich habe schon lange überlegt, mal etwas mit Fußball zu machen. Es gab auch Gespräche mit Real Mallorca”, erzählt Kühn, ohne den Blick vom Spielfeld abzuwenden. „Aber das ist problematisch. Weil die schon oben sind, könnte es gewertet werden, als wolle ein Ausländer den Mallorquinern ihren wichtigsten Klub wegnehmen.” Bei Atlético sah das anders aus. „Ja, weil der Verein schon so weit, um es deutlich zu sagen, abgesoffen war.”

Mit Präsident Damià Estelrich und Kühn haben sich zwei Macher gefunden, die offenbar auf einer Wellenlänge funken. Der Präsident betont, dass er die Ausländer integrieren möchte, sein Stellvertreter hat dasselbe Ziel. „Atlético soll der Klub für alle werden, die auf Mallorca leben.”

Damit das so kommt, hat sich der Immobilien-Unternehmer auch finanziell eingebracht. In welcher Höhe, darüber bewahrt er Stillschweigen, verrät aber, dass sich der Gesamtetat eines Fünftligisten „irgendwo zwischen 300.000 und 600.000 Euro” bewegt. Eine der Investitionen ist die Verpflichtung des Ex-Bundesligaprofis Jörg Reeb. Der machte zwar Zugeständnisse, dürfte aber mehr als die geschätzten 600 Euro kassieren, die die anderen Spieler pro Monat bekommen.

Der Klub soll jetzt schnell in die vierte Liga aufsteigen und in die dritte (Segunda B). „Dort wird es interessant. Dann kann man auch leihweise Spieler von höherklassigen Vereinen bekommen. Ich habe darüber gerade mit meinem Freund Joan Laporta, dem Präsidenten des FC Barcelona, gesprochen.”

In gleicher Mission zieht Stefan Blöcher, Manager von Golf de Andratx, durch deutsche Lande. Der frühere Weltklasse-Hockeyspieler verfügt über exzellente Kontakte in der Welt des Sports. „Ich habe in den letzten Tagen zum Beispiel Gespräche mit dem HSV-Präsidenten Bernd Hoffmann oder mit Bernd Hölzenbein von Eintracht Frankfurt geführt. Das Projekt erregt großes Interesse in Fußballerkreisen.”

So konnte MM sogar ein Statement aus dem fernen Istanbul einholen. Von dort aus verfolgt Mallorca-Fan und Fenerbahçe-Trainer Christoph Daum das Geschehen auf der Insel. „Ich glaube, dass Matthias Kühn es exzellent versteht, Einheimische und Zugereiste zu vereinen. Und Sport ist ein wichtiges Integrationsmoment. Die Verpflichtung von Jörg Reeb ist ein erstes Zeichen, dass dieser Weg möglich ist”, meint Daum, der Reeb als Spieler in Leverkusen hatte. Daum weiter: „Mit diesem Projekt wird Mallorca noch interessanter. Ich werde Matthias in allen Bereichen unterstützen.”

Kühn hofft natürlich auch auf die Unterstützung vieler Mallorquiner und ausländischer Residenten. Denen soll künftig bei den Heimspielen mehr geboten werden, als nur Fußball. Kühn denkt zum Beispiel an Konzerte. „In dieser Phase ist das Spiel natürlich für Zuschauer nicht immer so attraktiv. Das müssen wir ausgleichen.”

Atlético Baleares ist zur Zeit Tabellenführer mit sieben Punkten Vorsprung auf drei Verfolgerteams. Am Sonntag, 13. November, tritt Atlético um 16 Uhr in Campos an – bei einem der drei Verfolger.