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Statt reiner Luft gab es erst mal viele Unklarheiten: Kurz bevor am Sonntag, 1. Januar, in Spanien eines der schärfsten Anti-Raucher-Gesetze Europas in Kraft trat, kündigte die Balearen-Regierung offen Rebellion an: In Einzelpunkten werde man auch weiterhin die regionalen Vorschriften aufrechterhalten, so die balearische Gesundheitsministerin Aina Castillo. Das sorgte vor allem in der Gastronomie für Verwirrung. Die Balearen waren bereits im Juli 2005 mit weitreichenden Einschränkungen des Tabakkonsums vorgeprescht.

Der „Club der Raucher für Toleranz”, in Spanien einer der größten Gegner des neuen Gesetzes, berichtete von zahlreichen Protesten und Konflikten zwischen Rauchern und Nichtrauchern in den Betrieben. Die Behörden und der Verband der Gaststätten zeigten sich dagegen am Montag überrascht über die landesweit gößtenteils reibungslose Umsetzung des Rauchverbots in Kneipen, Restaurants und am Arbeitsplatz.

Am Montag mussten viele Raucher erstmals auf die Straße gehen, um sich eine Zigarette anzustecken: Denn an allen Arbeitsstätten ist das Rauchen streng verboten. Es dürfen in den Betrieben auch keine separaten Raucherzimmer eingerichtet werden (das war bislang auf den Balearen noch erlaubt). Einige große Firmen untersagten ihren Mitarbeitern, außer in regulären Pausen zum Rauchen nach draußen zu gehen.

Die Autonomen Regionen sind zur Umsetzung der neuen Regelungen verpflichtet. Abweichungen sind nur zu einem noch besseren Schutz von Nichtrauchern erlaubt. Dieses Argument greift die Balearenregierung auf, um in Kneipen und Restaurants mit weniger als 100 Quadratmetern mit Unterstützung des hiesigen Gaststättenverbands vom staatlichen Gesetz abzuweichen: Auf den Balearen müssen auch kleinere Lokale Nichtraucherzonen einrichten, allerdings ohne bauliche Abtrennung. Nach spanischem Gesetz müssen sich die Besitzer entscheiden, ob sie ein Raucher– oder Nichtraucherlokal betreiben wollen. Nach Schätzung des spanischen Gaststättenverbands entschieden sich 90 Prozent der Wirte (außerhalb der Balearen) für das Rauchen und zehn Prozent dagegen.

Dennoch befürworten manche Nichtraucherverbände die staatliche Regelung, da sie klarer sei und der Gast wisse, worauf er sich einlasse, bevor er ein Lokal betrete. Der Delegierte der spanischen Zentralregierung auf den Balearen, Ramón Socías, vermutete politische Gründe hinter dem Aufstand der PP-geführten Balearen-Regierung und mahnte zur Einhaltung. Ob nun das spanische oder das balearische Gesetz strenger gegen Raucher vorgeht, ist Auslegungssache und wird letztendlich wahrscheinlich vor Gericht entschieden werden. Derzeit wird die Rechtslage geprüft.

In den allermeisten Bereichen gibt es allerdings keinen Zweifel an den Verhaltensregeln für die Raucher. In Gaststätten mit über 100 Quadratmetern zum Beispiel darf in ganz Spanien und auch auf dem Archipel nur noch in ausgewiesenen Bereichen geraucht werden. In spätestens acht Monaten müssen sie durch Wände von den Nichtraucherbereichen getrennt sein. Die Balearen-Regierung will erreichen, dass diese Frist auf zwei Jahre verlängert wird.

Auch der Tabakverkauf wird durch das nationale Gesetz weiter eingeschränkt: Zigaretten dürfen nun nur noch in Tabakläden sowie in den Raucherzonen der Gaststätten verkauft werden, wobei die Tabakwerbung von den Automaten entfernt werden musste. Aus Supermärkten, Zeitungskiosken und von Tankstellen sind Rauchwaren verschwunden.

Wenn es nach der spanischen Gesundheitsministerin Elena Salgado geht, dann soll das Anti-Tabak-Gesetz künftig auch für Alkohol Schule machen. Gedacht ist zum Beispiel an die Einschränkung des Alkoholkomsums auf der Straße sowie die Begrenzung von Werbung für Alkohol. Salgado: „Vor uns liegt ein hartes Stück Arbeit.”