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VON ROBERT LABAS

Das Land ist flach, die Vegetation spärlich und ein scharfer Wind fegt über die Ebene. Und doch ließen sich wahrscheinlich gerade hier die ersten Menschen auf Mallorca nieder. An der Landstraße nach Cap Blanc findet sich nach zwölf Kilometern (aus Llucmajor kommend) eines der frühesten Zeugnisse menschlicher Besiedelung der Insel. Die in einem Mandelhain gelegenen Reste der Talayot–Siedlung „Capocorp Vell” stammen aus der Zeit um 1000 vor Christus. In dem Dorf fanden vermutlich rund 500 Menschen Schutz.

Einst gab es auf Mallorca über 200 solcher Siedlungen, allerdings wurden die Steine in späterer Zeit für den Haus– und Kirchenbau abgetragen. Die Talayots stellen von 1450 bis 123 vor Christus die erste Hochkultur auf Mallorca dar. Die Gründung der Siedlungen fällt noch in die Bronzezeit.

Für zwei Euro Eintritt können Interessierte in Capocorp Vell die Mauerreste begehen und erhalten einen aus einem Faltblatt bestehenden, sichtlich schon oft benutzen Führer. Zu sehen sind in der Anlage die alten Megalith–Türme (griechische Bezeichnung für große Steine) und eine labyrinthartige Anordnung von Mauern, die 28 Behausungen bilden. Wissenschaftler vermuten, dass die Bauweise auch eine religiöse und mythologische Bedeutung gehabt habe.

Wer sich eingehender mit der Frühgeschichte Mallorcas befassen möchte, dem sei ferner das Museu de Mallora in Palma empfohlen. Dort wurden einige Behausungen nachgebaut.

Die Bar von Capocorp Vell ist nicht nur bei Historikern beliebt, sondern auch bei den vielen Radfahrern, die derzeit das Straßenbild prägen.
Verbinden lässt sich die Besichtigung der Ruinen gut mit einem Abstecher nach Cala Pi. In dem verschlafenen, gepflegten Urlaubsort mit Villen und kleinen Hotels befindet sich eine der tiefsten und engsten Buchten der ganzen Insel. Vom 1663 erbauten Wachturm aus eröffnet sich ein traumhafter Blick über das Meer, und unter einem Baum am Rand der Klippen steht für die eine oder andere romantische Stunde eine Bank bereit.

Eine lange Treppe führt zur Bucht hinunter, die derzeit mit glasklarem Wasser und einem kurzen, aber weit ins Land führenden Sandstrand lockt. Einige in die Jahre gekommene Bootshäuser auf der einen Seite machen den besonderen Charme des ruhigen, und durch seine Lage windgeschützten Strandes aus.

An den Booten vorbei führen Stufen die Klippen empor; oben empfängt einen der rauhe Wind. Wer festes Schuhwerk trägt, kann von hier aus eine kleine Wanderung in Richtung Cap Blanc beginnen. Gekennzeichnete Wege gibt es nicht, dafür aber einen schönen Blick auf das offene Meer und eine recht eigenartige Pflanzenwelt. Aus der anfänglichen Baumlandschaft mit Kiefern und Olivenbäumen wird schnell eine Buschsteppe mit felsigem Boden. Hier wachsen unter anderem Meerzwiebeln und Rosmarinsträucher. Früher war das Gebiet militärische Sperrzone, und so stehen einige verlassene Bunkeranlagen einsam in der Landschaft. Es ist eine Versuchung, sich bis an den Rand der über 90 Meter hohen Klippen zu wagen. Doch angesichts der kräftigen Böen, die über die Ebene sausen, ist Vorsicht angeraten.

Der Spaziergang auf dem Plateau, das Naturschutzgebiet ist, endet am alten Leuchtturm von Cap Blanc. Dort versperren Zäune der neuen Leuchtturmanlage den Weg. Auf dem Rückweg bietet es sich an, in Cala Pi noch ein erfrischendes Bad zu nehmen oder in eine der kleinen Bars im Ort einzukehren. Wer zurück nach Palma will, kann auch die langsamere und ruhigere Landstraße entlang der Küste in Richtung Arenal nehmen, die über Cap Blanc führt.