Braucht man sie, oder braucht man sie nicht, die Tarjeta de
Residencia? Die Gesetzeslage ist klar, doch im täglichen Leben
sieht's anders aus. Obwohl EU-Bürger zum Leben und Arbeiten in
Spanien die Aufenthaltsgenehmigung seit 2003 nicht mehr brauchen,
wird sie immer noch häufig verlangt. Beim Versuch, das Dickicht der
Meldebescheinigungen, NIE-Nummern und Tarjetas de Residencias zu
durchblicken, ist schon so mancher Resident gescheitert, viele
Schalterbeamte in Banken und Behörden offensichtlich auch. Mal wird
die Tarjeta bei der Autoummeldung verlangt, mal bei der Eröffnung
eines Residentenkontos, dann mal wieder nicht.
Fakt ist: Laut Gesetz haben EU-Bürgern sowie die Einwohner der
Schweiz, Finnlands, Norwegens und Liechtensteins dasselbe
Aufenthaltsrecht wie die Einheimischen und brauchen demnach keine
Tarjeta de Residencia. Für Anmeldungen, Ummeldungen,
Kontoeröffnungen oder Immobilienerwerb reicht daher der Reisepass
oder Personalausweis sowie die sogenannte NIE-Nummer (Número de
Identificación de Extranjeros).
Voraussetzung ist allerdings, dass man hier erwerbstätig ist
oder eine Rente von der spanischen Sozialversicherung kassiert. Wer
seine Rente aus Deutschland bezieht, ist nach Aussage von Anwälten
nach wie vor verpflichtet, außer der Meldebescheinigung
(Certificado de Empadronamiento) eine Tarjeta de Residencia zu
beantragen, da es keine Möglichkeit gebe, diese Personen über die
Sozialversicherung zu erfassen.
Die NIE-Nummer allein habe nichts mit der Residencia zu tun,
sondern sei eine steuerliche Registrierungsnummer, die auch
Nichtresidenten erhalten, erklärt Susanne Cerdá, Inhaberin der
Unternehmensgruppe Cerdá.
„Wer also hier arbeitet, egal ob angestellt oder selbständig, ob
Resident oder Nichtresident, muss bei der Ausländerbehörde
,Extranjeria' eine NIE-Nummer beantragen”, erklärt Susanne Cerdá
weiter. „Damit können dann auch landesübliche Vergünstigungen wie
ermäßigte Flüge und Schiffspassagen sowie Residentenkonten in
Anspruch genommen werden.”
Doch obwohl spanische Geldinstitute wie die „La Caixa” oder die
„Banco de España” offiziell bestätigen, dass für die Eröffnung
eines Residentenkontos die NIE-Nummer und der Reisepass ausreiche,
sieht die Praxis anders aus. Sowohl an Bankschaltern als auch beim
Immobilienerwerb wird das kleine Dokument oft verlangt. Die
Residencia sei hier im täglichen Leben einfach praktisch, bestätigt
auch Meike Jessen, Rechtsanwältin in der Kanzlei Jaime Lamas. „Die
Tatsache, dass man sie offiziell nicht mehr braucht, hilft einem in
vielen profanen Situationen, wie zum Beispiel beim Bezahlen mit der
Kreditkarte, wenig”, erklärt die Anwältin, denn wer trage schon
ständig seinen Reisepass mit sich herum.
Ein deutscher Führerschein werde hier – im Gegensatz zum
spanischen Pendant – nicht als Ausweisdokument anerkannt, einen
gültigen Personalausweis hätten die wenigsten deutschen Residenten.
Aus langjähriger Erfahrung könne sie ihren Klienten nur dazu raten,
die Residencia zu beantragen, in vielen Situationen vermeide sie
Komplikationen.
Tatsächlich gebe es aber auch Bereiche, in denen das Dokument
als Nachweis der Residencia offiziell verlangt werde, und zwar
deshalb, weil ein ausländischer Resident in bestimmten Fällen
anders besteuert werde als ein Nicht-Resident, so Meike Jessen.
„Von nicht-residenten Immobilien-Verkäufern, also mit erstem
Wohnsitz im Ausland, verlangt der Staat höhere Steuern. Um dies zu
vermeiden, muss ein Deutscher seinen Residenten-Status nachweisen.
Da die NIE-Nummer kein Nachweis dafür ist, verlangt der Notar vor
dem Verkauf das Aufenthaltsdokument”, erklärt Jessen weiter. Wer
das nicht vorweisen könne, zum Beispiel, weil es abgelaufen ist,
dürfe auch ein vom Finanzamt ausgestelltes „Certificado Residente
Fiscal” vorlegen, welches dann aber extra beantragt werden müsse,
sagt Meike Jessen.
In vielen Situationen ist die Tarjeta also anscheinend noch
immer sinnvoll, aller gesetzlichen Gleichstellungsbemühungen zum
Trotz.
Also doch wieder die Residencia beantragen? Die ewig langen
Warteschlangen vor der Ausländerbehörde und der „Policía Local”
schrecken eher ab, getrennte Schalter für nicht EU-Mitglieder
wurden wieder abgeschafft.
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.