TW
0

Seit Weihnachten 2004, als ein Seebeben in Teilen Asiens schwerste Verwüstungen angerichtet hat, sorgt jede Flutwelle für großes Aufsehen. So auch diejenige, die jetzt Menorcas Hafenstadt Ciutadella heimsuchte. Deutsche Zeitungen schrieben gar vom „Mini-Tsunami” auf der Baleareninsel. Dabei war die menorquinische Welle keineswegs durch ein Seebeben ausgelöst worden und ist obendrein eine auf Mallorcas Nachbarinsel altbekannte Erscheinung – allerdings bei den Menorquinern nicht weniger gefürchtet.

Für Biel Cerdà war es bereits das zweite Mal, dass er einer dieser Flutwellen ausgeliefert war: Der 73jährige Fischer aus Ciutadella kam mit dem Schrecken davon – sowohl 1984, als sich zuletzt eine sogenannte „Rissaga” verheerend in das Hafenbecken seiner Heimatstadt wälzte, als auch diesmal: Cerdà kehrte gerade vom Fischen zurück, als er das Unheil nahen sah: „Mit unglaublicher Wucht drehte plötzlich der Wind”, erinnert er sich. Cerdà entschied, nicht in Ciutadellas schmales Hafenbecken einzulaufen, sondern umzukehren in Richtung Handelsmole, wo er sein Boot verlassen konnte. „Ich wusste, dass ich das Boot bei der schweren See nicht würde kontrollieren können. Wäre ich ins Wasser gefallen – ich wäre wohl verloren gewesen.” Wind und hoher Luftdruck – zwei der Faktoren, die in Ciutadella immer wieder für plötzliche Flutwellen sorgen. Das Wasser wird dann förmlich aus der schmalen Bucht herausgesaugt und schießt anschließend umso mächtiger wieder hinein. Fünf Meter hoch soll die Welle diesmal gewesen sein, melden die spanischen Lokalzeitungen. Verletzt wurde niemand, Dutzende von Booten hatten jedoch nur noch Schrottwert, als sich die Wassermassen wieder zurückgezogen hatten. Mehrere Yachten spülte die Welle wie Nussschalen an Land. Mehrere Häuser am Hafen liefen voller Wasser. Bei rund neun Millionen Euro soll der Sachschaden liegen.

Während der herbeigeeilte balearische Ministerpräsident Jaume Matas Soforthilfe versprach, regte sich unter den Bürgern des Küstenstädtchens Unmut: Die Regierung habe seit 1984 nichts für ihren Schutz getan. Auch damals war der Hafen schwer verwüstet worden – ebenfalls wenige Tage vor dem Fest Sant Joan, zu dem alljährlich Tausende von Besuchern in Ciutadella erwartet werden und das am Wochenende ab Freitag, 23. Juni, stattfindet.

Seit Tagen bemühen sich Ordnungskräfte nun darum, die Verwüstungen wieder zu beseitigen, um den Hafen rechtzeitig zum Besucheransturm wieder für den Fährverkehr öffnen zu können, der nach der „Rissaga” zunächst nach Maò umgeleitet worden war. Die Fährgesellschaften teilten mit, zu Sant Joan könne Ciutadella wieder angelaufen werden.