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Auch wenn der Ausländeranteil am Bellver International College in Cala Major mit 50 Prozent für eine Privatschule vergleichsweise gering ist, konnten sich Polizei und Zoll ihres Erfolges sicher sein. Denn sie wussten, dass die Nicht-Spanier, die ihre Kinder auf die Privatschule schicken, auch in Palma oder der näheren Umgebung leben. Und wer auf Mallorca lebt, der muss seinen Wagen spätestens nach 30 Tagen mit einem spanischen Kennzeichen versehen. Ob ihm das nun gefällt oder nicht. Die Gesetzeslage ist nicht neu. Bisher wurden seitens der Behörden beide Augen zugedrückt. Damit ist nun Schluss.

Es ist Montag, kurz vor 9 Uhr. Wie an jedem andereren Werktag auch, fährt Sabine Jürgensen (Name von der Redaktion geändert) ihre drei Kinder zur Schule. Alles scheint zu sein wie immer. Die Schüler steigen aus und verabschieden sich von ihrer Mutter. Aber der Polizist, der vor der Schule den Verkehr regelt, winkt Sabine Jürgensen heute nicht mit einer legeren Handbewegung vorbei, sondern hält die Deutsche an.

Kurz darauf wird der Mercedes-Geländewagen von zwei Polizeimotorrädern zu einer Seitenstraße eskortiert. Dort warten bereits weitere Einheiten der Polizei und auch Beamte von der Zollfahndung. Schnell wird Sabine Jürgensen klar, dass es sich hier nicht um eine normale Verkehrskontrolle handelt. Es geht um ihren Wagen, genauer gesagt, um dessen Kennzeichen.

„Ich wurde gefragt, ob ich hier lebe. Und das konnte ich ja unmöglich leugnen, nachdem ich Minuten zuvor meine Kinder in der Schule abgegeben hatte”, berichtet die 39-Jährige.

Nach der Überprüfung der Personalien und der Fahrzeugpapiere wurde Jürgensen aufgefordert, ihre Sachen aus dem Wagen zu nehmen, da dieser bis auf Weiteres beschlagnahmt sei. „Ich fühlte mich völlig überrumpelt und wie eine Verbrecherin behandelt. Ich gebe ja zu, dass ich schon deutlich länger als sechs Monate auf der Insel lebe und weiß auch, dass ich eigentlich den Wagen hätte ummelden müssen. Die Beamten waren im Recht. Aber so kann man nicht mit Menschen umgehen. Die Vorgehensweise der Polizei erinnerte mich mehr an Szenen in einem Kriegsgebiet als an rechtsstaatliche Gepflogenheiten. Mir schlotterten die Beine und ich zitterte am ganzen Körper. Bin ich denn hier in Beirut?”

Alle Versuche, den Wagen doch noch zurückzubekommen, scheiterten. „Die ließen nicht mit sich reden.” Mit einer Plastiktüte in der einen und dem Handy in der anderen Hand ging Sabine Jürgensen verzweifelt zur Hauptstraße, um ein Taxi anzuhalten. Im Taxi konnte die Frau ihre Gefühle nicht mehr bändigen.

„Ich heulte Rotz und Wasser”. Erst als der Taxifahrer die Situation mit den Worten „Ist doch halb so schlimm. Sie hatten keinen Unfall und niemand ist etwas Ernstes passiert”, relativierte, beruhigte sich die Deutsche wieder. „Was blieb mir auch anderes übrig. Schließlich musste ich ja am Nachmittag wieder meine Kinder abholen. Da man mir sagte, dass ich meinen Wagen erst dann wiederbekomme, wenn alle fälligen Steuern und Strafen bezahlt sind und das Auto in Spanien zugelassen ist, habe ich einen Mietwagen organisiert.”

Insgesamt 19 Fahrzeuge sind am Montag kontrolliert worden. 16 davon wurden beschlagnahmt und abgeschleppt. Überwiegend höherwertige Modelle. Wer seine Kinder auf der Privatschule hat, gehört zu den Besserverdienenden. Das weiß die Polizei. Und vor allem weiß es der Zoll. Schließlich müssen bis zu zwölf Prozent des Fahrzeugzeitwerts versteuert werden.

Auch Thomas Neumann (Name ebenfalls von der Redaktion geändert) ging den Fahndern ins Netz und wurde zum Kontrollpunkt eskortiert. Wenngleich er sich von den Beamten nicht schlecht sondern „korrekt, aber bestimmt” behandelt fühlte, ist auch sein Auto erstmal weg. Genau genommen ist es gar nicht sein Wagen, der konfisziert wurde.

Ausgerechnet an diesem Tag benutzte er den Toyota-Geländewagen seiner Frau, um die beiden Kinder zur Schule zu bringen. Mit seinem eigenen Auto wären ihm viele Probleme erspart geblieben. An ihm prangt ein spanisches Nummernschild. Und selbst der andere Wagen seiner Frau ist auf der Insel zugelassen. Nur der Geländewagen nicht.

„Der ist eigentlich die ganze Zeit in Deutschland. Normalerweise fliegt meine Frau auf die Insel. Vor 35 Tagen kam sie aber mit dem Auto, das Fährticket haben wir noch.” Fünf Tage zu früh. Sonst hätte es noch ein Schlupfloch gegeben.

Schon am Dienstag ist Neumann beim Zoll vorgeladen worden, um zu der Beschlagnahme und den Vorwürfen Stellung zu nehmen. „Das war eine trockene Angelegenheit. Ich erklärte den Beamten die Umstände. Sie waren freundlich und blieben in der Sache hart. Richtig geglaubt haben die mir nicht.” In vier Wochen soll Neumann eine Antwort bekommen. Solange fallen täglich Gebühren für sein „verhaftetes” Auto an. Von den zu erwartenden weiteren finanziellen Forderungen und Strafen abgesehen.

Die harte Vorgehensweise der Behörde ist neu. Und mancher fragt sich, ob hier nicht ein Exempel statuiert werden sollte. Von einem Exempel, so die Policía Local, könne nicht die Rede sein. Denn ausländische Kennzeichen sollen künftig verstärkt auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden.