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Die politischen Auseinandersetzungen um den Korruptionsskandal in Andratx werden immer heftiger. Mehrere Hundert Anhänger der verfeindeten Parteien demonstrierten am vergangenen Samstag in Palma. Auf der einen Seite: Sympathisanten der konservativen Volkspartei PP. Mehrere ranghohe Balearen-Politiker der Regierungspartei stehen unter massivem Druck, weil sie in den Skandal um Bestechung und illegale Baugenehmigungen verwickelt sein sollen.

Wütend fuchtelten die PP-treuen Demonstranten mit ihren Mobiltelefonen: In Anspielung darauf, dass die Staatsanwaltschaft im Zuge ihrer Ermittlungen das Telefon des balearischen Innenministers und PP-Generalsekretärs José María Rodríguez angezapft hatte. „Sozialistische Partei = politische Verfolgung”, stand auf ihrem Plakat.

Auf der anderen Seite forderten Anhänger der Opposition den Rücktritt von Ministerpräsident Jaume Matas (PP). Sowohl balearische Sozialisten (PSIB-PSOE) als auch die Partei Unió Mallorquina (UM) der Inselratspräsidentin Maria Antònia Munar lassen kaum eine Gelegenheit aus, die Regierung unter Beschuss zu nehmen. Im kommenden Frühjahr stehen auf den Balearen Regionalwahlen an.

Während dem „ausgehorchten” PP-Generalsekretär José María Rodríguez vorgeworfen wird, er habe in einem Telefongespräch am Morgen der Razzia in Andratx seinen Parteifreund Hidalgo vorgewarnt, sieht sich nun auch der oberste spanische Polizeichef Joan Mesquida (PSOE) ganz ähnlicher Kritik ausgesetzt. Der gebürtige Mallorquiner soll den balearischen Sozialisten-Führer Francesc Antich vorab über die Aktion der Guardia Civil informiert haben – das behauptet zumindest die PP.

Derweil hat sich die Situation in Andratx über die Feiertage nicht erheblich verändert. Durch die Verhaftung des Bürgermeisters Eugenio Hidalgo (PP) und des obersten Bauaufsehers Jaume Gibert war die städtische Baubehörde praktisch stillgelegt. Darum hat der Inselrat dort die Kontrolle übernommen und ist nun dabei, die vermeintlich illegal zustande gekommenen Baulizenzen zu überprüfen. Hidalgo und Gibert sollen gemeinsam mit weiteren Verdächtigten gegen Bestechungsgeld Immobilienprojekte genehmigt haben, die keine ausreichende rechtliche Grundlage hatten.

In Andratx wird allerdings trotz der unklaren Situation auch auf den fraglichen Baustellen weiter gearbeitet. Weder der Inselrat unter Führung der Unió Mallorquina noch der neue Bürgermeister von Andratx, Jaume Porsell (PP), wollen einen Baustopp verfügen. Beide Seiten fürchten, später für Entschädigungen aufkommen zu müssen. Vor allem die Umweltschützer vom GOB (Grup Balear d'Ornitologia i Defensa de la Naturalesa) fordern ein solches Moratorium.

Der GOB hatte mit mehreren Anzeigen gegen vermeintlich illegale Baustellen in Andratx den Skandal ins Rollen gebracht. Am 27. November kam es dann im Rathaus des vor allem bei Deutschen beliebten Ferienortes zur Razzia und zur Festnahme des Bürgermeisters und des Bauaufsehers. Hidalgo und Gibert blieben etwas mehr als zwei Wochen in Untersuchungshaft, bis sie am 13. Dezember gegen Zahlung einer Kaution vorübergehend nach Hause zurückkehren durften.

Der Staatsanwalt ermittelt unter anderem wegen Korruption, Verstößen gegen das Baurecht, Geldwäsche und Urkundenfälschung. Ob und wann es zum Prozess kommt, ist noch völlig unklar.